# taz.de -- Finanzsenator stoppt Liegenschaftsreform: Nußbaum gegen Sonderange… | |
> Finanzsenator lehnt es ab, landeseigene Grundstücke unter Wert zu | |
> verkaufen. Förderung soll trotzdem möglich sein - aber transparent über | |
> Haushalt und Parlament. | |
Bild: Käme eine neue Liegenschaftspolitik zugute: der Schokoladen in Berlin. | |
Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) stellt sich gegen die Linie des | |
Senats, Grundstücke aus dem landeseigenen Liegenschaftsfonds auch unter | |
Wert abzugeben. Darauf hatten sich SPD und CDU in ihrer | |
Koalitionsvereinbarung geeinigt. Die Förderung von günstigem Wohnraum oder | |
kultureller Vielfalt soll nach Nußbaums Ansicht transparent und unter den | |
Augen des Parlaments über den Landeshaushalt geschehen. Dazu schlug er am | |
Dienstag einen neuen Zuschusstopf bei Stadtentwicklungssenator Michael | |
Müller (SPD) vor. | |
In den vergangenen Monaten hatte es so ausgesehen, als verfolge Müller | |
einen neuen Umgang mit Grundstücken. Im rot-schwarzen Koalitionsvertrag | |
heißt es dazu: „Zur Förderung des Neubaus von Wohnungen wird der Senat auch | |
das Instrument der kostenlosen oder ermäßigten Grundstücksvergabe nutzen.“ | |
Um eine Vergabe unter Wert geht es auch in der Debatte über die | |
Kultureinrichtung Schokoladen in Mitte (taz berichtete). | |
„Da gibt es überhaupt keinen Streit mit Kollege Müller – aber ich bin für | |
ein anderes Verfahren“, sagte Nußbaum. Man sei aber erst „ganz am Anfang“ | |
einer Diskussion. Sein Senatskollege Müller verwies auf taz-Anfrage auf den | |
Koalitionsvertrag und Beschlüsse des Abgeordnetenhauses aus dem Jahr 2010 | |
als Arbeitsgrundlage. „Der Finanzsenator scheint offenbar momentan in eine | |
etwas andere Richtung zu denken“, sagte Müller. | |
Nußbaum ging es am Dienstag darum, ein Preisschild an politische | |
Entscheidungen zu heften und die finanziellen Folgen deutlich zu machen. | |
Gebe man landeseigene Objekte billiger ab, verzichte man auf Geld der | |
Berliner. „Das muss doch mal in die Köpfe rein: Das ist wie Bargeld“, so | |
Nußbaum. Seine Aufgabe sei, auf die Finanzen zu achten und nichts unter | |
Wert abzugeben – „darauf habe ich geschworen“. | |
Als abschreckendes Beispiel für das in vergangenen Jahren durchaus schon | |
angewandte Verfahren, Grundstücke billiger abzugeben, nannte Nußbaum das | |
viel kritisierte Vorgehen seines Vorgängers Thilo Sarrazin (SPD) beim | |
Golfclub Wannsee. Dort habe Sarrazin – „pi mal Daumen und völlig legal“ … | |
entschieden, das Grundstück günstiger als möglich abzugeben. Nußbaum | |
forderte von seinen Senatskollegen klare Kriterien, wer von Förderung | |
profitieren soll: „Heute setzt sich doch der durch, der die stärkste | |
Lobbygruppe hat.“ Ein transparentes Verfahren sei das nicht. | |
„Äußerst zwielichtig“ erscheint Nußbaums Vorstoß dem | |
Grünen-Haushaltsexperte Jochen Esser: „Ist das jetzt der Versuch, die neue | |
Liegenschaftspolitik umzusetzen oder sie zu torpedieren?“ Esser zeigte sich | |
genervt vom senatsinternen Streit und forderte von der rot-schwarzen | |
Koalition eine klare Politik. „Landesbibliothek, ICC, Mindestlohn – ich bin | |
es allmählich leid.“ | |
Katrin Lompscher, Stadtentwicklungsexpertin der Linksfraktion, forderte, | |
Grundstücke nicht generell an den Meistbietenden abzugeben. „Dass neben den | |
Einnahmen stärker wirtschafts-, wohnungs- und kulturpolitische Ziele zu | |
nutzen sind, hat das Abgeordnetenhaus unter Rot-Rot bereits beschlossen“, | |
fügte sie hinzu. | |
20 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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