# taz.de -- Reform der Organspende im Bundestag: Selten emotional und einig | |
> Der Bundestag hat die Reform der Organspende auf den Weg gebracht. Zuvor | |
> debattierten die Abgeordneten emotional, aber kaum kontrovers über den | |
> Entwurf. | |
Bild: Ausfüllen oder nicht bleibt den Versicherten überlassen: Organspende-Au… | |
BERLIN taz | Es waren zwei pathetische Stunden am Donnerstag im Bundestag, | |
während der Politiker aller fünf Fraktionen sich gegenseitig in Tragik und | |
Wortwahl zu überbieten versuchten im Werben für ihren gemeinsamen | |
Gesetzentwurf zur Neuregelung der Organspende. Der | |
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) erzählte von einer | |
nierenkranken Achtjährigen aus seinem Wahlkreis, die alle zwei Tage fünf | |
Stunden an die Dialyse müsse, "weil sie wie viel zu viele Menschen viel zu | |
lange auf ein Organ wartet". | |
Der Unions-Fraktionschef Volker Kauder indes setzte auf die Macht der | |
Zahlen: "Es warten 12.000 Menschen auf ein Organ!" Täglich müssten drei von | |
ihnen sterben mangels postmortaler Spenderorgane. Wie wichtig es sei, sich | |
zu dieser Frage zu Lebzeiten selbst zu verhalten und die Entscheidung nicht | |
den Angehörigen zu überlassen, führte der grüne Fraktionschef Jürgen | |
Trittin aus am Beispiel des Todes seiner Lebensgefährtin nach einem | |
Fahrradunfall: "In einer solchen Situation ist man froh, wenn man weiß, was | |
der Verstorbene gewollt hätte." | |
Und der SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gab den Appell einer Frau | |
weiter, die die erhoffte Lungentransplantation nicht mehr erlebte: "Nicht | |
der Mensch, der nicht spenden will, ist ein schlechter Mensch, sondern der, | |
der sich keine Gedanken macht!" | |
Das soll sich ab dem Sommer mit dem neuen Organspende-Gesetz ändern: Alle | |
Versicherten werden dann von ihrer Krankenkasse alle zwei Jahre schriftlich | |
befragt, ob sie Organspender sein wollen oder nicht. Es ist auch möglich, | |
sich nicht zu entscheiden. "Zwang wird es nicht geben", sagte der | |
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle. Die Entscheidung soll zunächst auf einem | |
Organspendeausweis aus Pappe dokumentiert werden, später auch auf der | |
elektronischen Gesundheitskarte - sofern die Versicherten dem zustimmen. | |
Über die Kosten der Aktion, die keine Sanktionen beinhaltet und deren | |
Erfolg kaum überprüfbar ist, weil die Angaben nicht zentral erfasst werden | |
dürfen, machten die Parlamentarier keine Angaben. Auf der Strecke blieb | |
auch die strittige Frage, wer nach welchen Kriterien die knappen Organe | |
verteilen soll - einer Studie der Deutschen Stiftung Organtransplantation | |
zufolge könnte die wachsende Nachfrage nach Spenderorganen selbst dann | |
nicht annähernd befriedigt werden, wenn sämtliche Organe aller Hirntoten in | |
Deutschland entnommen werden dürften. | |
22 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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