# taz.de -- Interview zum Guggenheim Lab: "Nicht mehr in Kreuzberg" | |
> Die Kulturexpertin Karin Rebbert plädiert für eine breite und sachliche | |
> Debatte über die Rolle von Anwohnern und Konzernen in der städtischen | |
> Kulturproduktion. | |
Bild: Hat sich bisher noch nicht zum Guggenheim Lab geäußert. | |
taz: Frau Rebbert, hat es Sie überrascht, dass das für den Sommer in | |
Kreuzberg geplante BMW Guggenheim Lab auf Proteste stieß? | |
Karin Rebbert: Nein. Kreuzberg ist ja ein agiler Stadtteil. Hier ist man es | |
gewohnt, dass sich Interessen vernetzen, dass sich politische Akteure | |
artikulieren und so letztlich auch Kritik. Und natürlich haben die Anwohner | |
ein Interesse daran, sich zu verbinden, und auf Prozesse, in die sie sich | |
nicht involviert gefühlt haben, zu reagieren. | |
In vielen Medien und Teilen der Politik wird jetzt vor allem von Chaoten | |
gesprochen, die das Kunst- und Kulturprojekt verhindert hätten … | |
Ich würde dafür plädieren, den Konflikt um das Lab zum Anlass zu nehmen für | |
eine breite Debatte über Stadtentwicklung. Die ist notwendig und | |
überfällig. Sie sollte informiert und differenziert geführt werden. Da | |
macht es keinen Sinn, jegliche Kritik von Anwohnern mit Gewaltbereitschaft | |
gleichzusetzen. Genauso wenig sind die Ziele von Guggenheim, BMW, | |
Grundstückseigentümern und Investoren notwendigerweise identisch. Es sollte | |
nicht um die Reduktion auf Freund oder Feind gehen, sondern um die Chance, | |
Stadtentwicklung und die Rolle von Kulturproduktion zu diskutieren und neu | |
zu definieren. | |
Was war Ihrer Meinung nach der Grund für die Absage? | |
Diese Frage müssten Sie den Initiatoren des Lab stellen, die intern | |
sicherlich bereits Manöverkritik betreiben. Vielleicht war es ungeschickt | |
zu denken, dass ausgerechnet die Ecke Cuvrystraße/Schlesische Straße ein | |
guter und sinnvoller Ort für das Lab sei – ohne vorher stärker abzuwägen, | |
wie ein solches Projekt in bestehende Strukturen interveniert und mit | |
welchen Widerständen zu rechnen ist. Aber das hat sich mit der Absage ja | |
nun erledigt. | |
Sind Sie sicher? | |
Ich glaube nicht, dass das Lab noch in Kreuzberg stattfindet. Statt darüber | |
zu spekulieren, fände ich es allerdings produktiv, öffentlich zu | |
diskutieren, was die Verbindung von global agierenden Kunststiftungen mit | |
Banken oder Autokonzernen auch kulturpolitisch bedeutet beziehungsweise | |
verändert. Wie unterscheiden sich etwa Kulturförderung, Sponsoring und | |
Branding und welche kulturpolitischen Konsequenzen haben diese? | |
Hier ist zwischen Berlin und der US-amerikanischen Situation zu | |
unterscheiden: Die Guggenheim Stiftung wurde in einem Land etabliert, in | |
dem es traditionell kaum staatliche und öffentliche Förderstrukturen gibt. | |
Strukturen, die hierzulande aktuell unter Beschuss stehen – wie etwa durch | |
das soeben erschienene Buch „Kulturinfarkt“. | |
22 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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