# taz.de -- Gefährliche Fracht: Showdown im Asbestmüll-Streit | |
> Die Niedersachsen machen Druck: Sie kündigen erste Asbest-Fuhren Mitte | |
> April an. Nun sollen die Landesregierungen in Kiel und Schwerin die | |
> Transporte förmlich untersagen - oder eben zulassen. | |
Bild: Alles ist bereit: Warnschild auf dem Bereich der Deponie Ihlenberg, der f… | |
HAMBURG taz | Der Streit um die Verlagerung einer Asbestmüllhalde in | |
Wunstorf-Luthe bei Hannover steht vor dem Showdown. Die Niedersachsen haben | |
angekündigt, sie würden am 16. April mit den LKW-Transporten beginnen. | |
Entsprechende Briefe schickte die für die Sanierung verantwortliche | |
Eichriede Projekt GmbH an verschiedene Behörden in Mecklenburg-Vorpommern | |
und Schleswig-Holstein. | |
Beide Länder haben bekräftigt, sie hielten an einer Ablehnung der | |
Transporte fest. Sollten die Laster über die Landesgrenze rollen, werde | |
Schleswig-Holstein „geeignete Maßnahmen ergreifen, auf die wir auch | |
vorbereitet sind“, so Birgit Einfeldt vom Wirtschaftsministerium in Kiel. | |
Im Mittelpunkt des Streits steht eine Abfallhalde der längst abgewickelten | |
Firma Fulgurit. Am Rande von Wunstorf-Luthe lagern dort zehn Meter hoch | |
aufgeschüttet Abfälle und Rückstände aus der Asbestherstellung. Die Halde | |
ist nur dünn mit Mulch und Erde überdeckt, zum Grundwasser hin nicht | |
abgedichtet und inzwischen mit dünnen Bäumchen bewachsen. Werden die vom | |
Wind umgeweht, liegen die gefährlichen Asbestfasern in der Sonne. | |
Die Region Hannover als zuständige Gebietskörperschaft hat beschlossen, die | |
Halde zu sanieren. Als günstigste Variante erschien es, das gefährliche | |
Material komplett zu verlagern: auf zwei Sondermülldeponien nach | |
Rondeshagen in Schleswig-Holstein und Ihlenberg (ehemals Schönberg) in | |
Mecklenburg-Vorpommern – beide in der Nähe von Lübeck. Eigens für die | |
Sanierung gegründet wurde die Eichriede Projekt GmbH, die jetzt feststellt, | |
dass sie den schwarzen Peter hält. | |
Denn nachdem der Umweltverband BUND, Bürgerinitiativen und Gemeinden | |
protestierten, zogen die Landesregierungen in Kiel und Schwerin die Bremse: | |
Ein Gutachten im Auftrag der rot-schwarzen Landesregierung in Schwerin kam | |
zu dem Schluss, der Transport wäre rechtswidrig. Den gefährlich staubenden | |
Asbestmüll in Muldenkippern umherzufahren widerspreche den Vorschriften des | |
Gefahrgutrechts, auch wenn er feucht gehalten und mit Planen abgedeckt | |
werde. | |
Das Land Niedersachsen sieht das unter Berufung auf ein Gutachten des TÜV | |
Nord anders. Anfang März forderte die Region Hannover die Eichriede | |
Projektgesellschaft auf, endlich mit der Sanierung zu beginnen. „Die Region | |
nimmt die Aussage ihres Vertragspartners, dass er die übernommene | |
Sanierungspflicht erfüllen will und die Gründe für die Verzögerung zur | |
Kenntnis“, teilte Umweltdezernent Axel Priebs am 12. März mit. „Wir | |
erwarten jetzt aber auch die Vorlage eines realistischen Zeitplans.“ | |
Mit ihren Briefen versucht die Projektgesellschaft sich abzusichern. | |
Sollten die Behörden der Auffassung sein, der Transport wäre rechtswidrig, | |
bitte man um einen Bescheid, gegen den geklagt werden könne, heißt es in | |
einem Schreiben Eichriedes an die Stadt Lübeck. Noch sei keine Antwort | |
eingegangen, sagt Geschäftsführer Wolfgang Herbst. „Wir warten ab.“ | |
Die Rechtsauffassung Schleswig-Holsteins habe sich nicht geändert, heißt es | |
im Kieler Wirtschaftsministerium. Das werde Eichriede mitgeteilt, | |
allerdings nicht in Form eines Bescheids. „Wir gehen nicht davon aus, dass | |
die Lastwagen auf den Weg schicken“, sagt Gerald Finck vom | |
Umweltministerium. | |
Mecklenburg-Vorpommern vertritt eine ähnliche Position wie das Nachbarland. | |
Die genaue Antwort aus Schwerin müsse noch unter den Behörden abgestimmt | |
werden, sagt Regierungssprecher Andreas Timm. Es bleibe aber dabei: Das | |
Land lehne die Asbestmüll-Transporte ab, weil sie rechtswidrig seien. | |
22 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Giftmüll | |
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