# taz.de -- Kommentar China und Wahlen: Im Jahr des wählenden Drachen | |
> 2012 ist in China eine Art Superwahljahr. Die Polit-Funktionäre lavieren | |
> zwischen Autorität und Volkswillen und zeigen, wie fragil Chinas | |
> politisches System ist. | |
Im Großraum China ist 2012 eine Art „Superwahljahr“. Den Anfang machte | |
Taiwan, das nicht von Peking kontrolliert wird. Ausgerechnet dort gewann in | |
einer freien und pluralistischen Wahl der Peking-freundlichere Kandidat. | |
Zwar hat Chinas Regierung nie verhehlt, dass sie ihn favorisiert, sie hat | |
sich aber anders als früher auch nicht mit (kontraproduktiven) Drohungen | |
eingemischt. So wählten die Taiwaner nach innenpolitischen Kriterien einen | |
Präsidenten, mit dem Peking gut leben kann. Doch widerlegt Taiwan die | |
Behauptung, Chinesen seien für Demokratie nicht geeignet. | |
Die zweite Wahl fand im südchinesischen Dorf Wukan statt, das seine | |
korrupten Parteikader verjagt hatte. Die KP-Führung musste eine Neuwahl des | |
Dorfkomitees zulassen. Dabei wurde ein Rebellenführer Bürgermeister, der | |
für Peking gesichtswahrend auch KP-Mitglied ist. Noch darf Wukan in China | |
nicht Schule machen. | |
Die dritte „Wahl“ gab es jetzt im offiziell autonomen Hongkong, dessen | |
Bevölkerung ihren Regierungschef nicht selbst wählen darf. Doch weil Peking | |
darauf achten muss, keinen unbeliebten Regierungschef zu installieren, | |
buhlten in einem scheindemokratischen Verfahren zwei Peking-loyale | |
Kandidaten um die Gunst Peking-freundlicher Wahlmänner. Der Wunschkandidat | |
entpuppte sich wegen zu vieler Skandale als nicht wählbar. So gewann die | |
zweite Wahl, die Peking glücklicherweise hatte. | |
Bei der wichtigsten „Wahl“ wird im Herbst eine neue KP-Spitze | |
inthronisiert. Als kürzlich ein ehrgeiziger Bewerber in Ungnade fiel, wurde | |
der Machtkampf kurz sichtbar. Seitdem herrscht wieder Intransparenz, dafür | |
kursieren sogar Putschgerüchte. Chinas politisches System ist fragiler, als | |
Pekings Einparteienherrschaft es glauben machen will. Und es wären | |
ausgerechnet demokratische Wahlen, die China stabilisieren könnten. | |
25 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
## TAGS | |
China | |
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