# taz.de -- Block 2 in Fukushima strahlt tödlich: Löchrige Fundamente | |
> Böse Überraschung: Neue Daten zeigen, dass die Strahlung im Block 2 von | |
> Fukushima tödlich ist und das Kühlwasser niedriger als erwartet steht. | |
Bild: Horror in Fukushimas Reaktor 2: Arbeiter messen die radioaktiven Strahlen. | |
BERLIN taz | Bei den Aufräumarbeiten an der Atomruine in Fukushima gibt es | |
wieder einmal eine böse Überraschung. Bereits Ende 2011 hatte der | |
Stromkonzern Tepco erklärt, die Lage an den havarierten Reaktoren sei | |
„unter Kontrolle“ – jetzt erlebten die Ingenieure das Gegenteil. | |
Bei einer Untersuchung von Reaktor 2 stellten sie fest, dass die Strahlung | |
im Sicherheitsbereich tödliche Dosen erreicht. Und auch beim Wasserstand in | |
den Reaktoren haben sich die Katastrophenmanager massiv verschätzt. | |
Am Dienstag führten die Tepco-Ingenieure eine Endoskop- Minikamera in | |
Reaktor 2 ein, um von innen die Lage zu begutachten. Bei einem ähnlichen | |
Versuch Anfang des Jahres hatten sie nicht viel gesehen. Die Atomtechniker | |
sind sich inzwischen allerdings sicher, dass in diesem Reaktor die | |
geschmolzenen hochradioaktiven Brennelemente ganz oder teilweise aus dem | |
innersten Sicherheitsbehälter, dem Reaktordruckbehälter, ausgetreten sind | |
und sich auf dem Boden und an den Seitenwänden des größeren | |
Sicherheitsbehälters (Containment) befinden. | |
Bei der Kameraanalyse erlebten die Ingenieure eine Überraschung: Statt drei | |
bis zehn Meter hoch, wie es bisher geschätzt worden war, steht das | |
Kühlwasser im Containment nur 60 Zentimeter hoch. Für die Experten der | |
deutschen Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) ein Hinweis darauf, dass | |
die Zerstörungen der Reaktorfundamente größer als bislang angenommen sind. | |
## Undichter Kreislauf | |
Zwar ist das Wasser relativ kühl, etwa 50 Grad Celsius, und die | |
geschmolzenen Brennelemente sind offenbar vom Wasser bedeckt und gekühlt. | |
Aber die Fundamente sind so löcherig, dass das Kühlwasser, das oben in den | |
Reaktor gepumpt wird, unten schnell wieder herausläuft. Außerdem ist der | |
Kreislauf zur Dekontaminierung des verseuchten Wassers erneut undicht: | |
Insgesamt sind laut Tepco aus einem Rohr 120 Tonnen Wasser geleckt, wovon | |
80 Liter ins Meerwasser gelangt seien. | |
Die extrem hohe Strahlung im Containment stellt die Aufräumarbeiten vor | |
Probleme. Die Sonde hatte dort zwischen 31 und 73 Sievert pro Stunde | |
gemessen, erklärte Tepco-Sprecher Junichi Matsumoto. Wer sich bei diesen | |
Strahlenwerten sieben Minuten im Containment aufhalten würde, riskierte | |
sein Leben. Das tut zwar niemand, aber für die Aufräumarbeiten ist die | |
Strahlung ein Problem: Roboter und ferngesteuerte Instrumente müssen für | |
die Strahlung extra ausgelegt werden, um funktionsfähig zu bleiben. Die | |
bislang höchsten Strahlenwerte in Fukushima waren 10 Sievert pro Stunde. | |
Die neuen Daten beziehen sich nur auf Reaktor 2, der äußerlich relativ | |
unbeschädigt geblieben ist. In den Blöcken 1 und 3, deren Gebäudehüllen | |
durch Explosionen schwer zerstört wurden, sind solche Messungen nicht | |
gemacht worden. Allerdings gelten die Bedingungen dort als eher noch | |
gefährlicher als beim jetzt untersuchten Block 2: In Block 1 ist offenbar | |
deutlich mehr radioaktives Material aus dem Druckbehälter entwichen und an | |
Block 3 ist von außen bisher die höchste Strahlung gemessen worden. | |
28 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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