# taz.de -- Kommentar „EnemyGraph“ für Facebook: Immer dieser Scheißkonse… | |
> Hass? Missfallen? Gibt's bei Facebook nicht. Nun greifen US-Studenten mit | |
> einem Mini-Programm ein. Und das ist gut so. | |
Bild: Mag! Ich! NICHT! | |
Ja, ich hab’s getan. Schon öfter. Und ich tu’s. Immer wieder. Ist ja | |
schnell gemacht. Kostet nix. Keine Vertragsbindung. Den „Gefällt mir“-Knopf | |
zu drücken ist eine schöne Möglichkeit, im Vorbeiscrollen Anteil zu nehmen | |
am Alltag meiner Facebook-Freunde. I like! I care – aber nicht zu sehr. | |
Und er ist die Pest, der Knopf. Eigentlich vor allem die Pest. Denn es gibt | |
kein Gegenstück. Abneigung oder gar Hass sind bei Facebook nicht | |
vorgesehen. Wer sich anmeldet, wird Mitglied einer als soziales Netzwerk | |
getarnten Gutelaunesekte. Hier ist das Glas immer halb voll, mindestens. | |
Gefällt mir – NICHT! | |
Auf meiner Seite weiß ich die texanischen Medienstudenten Bradley Griffith | |
und Harrison Massey, die den „EnemyGraph“ entwickelt haben, eine Anwendung, | |
die es Facebook-Nutzern erlaubt, auch ihren Hass zu teilen. Forderungen | |
nach einem „Dislike“-Button waren zuvor unerhört geblieben. | |
In seiner Ablehnung des Ablehnens passt Facebook prima in eine Welt, in der | |
sich immerzu alles in Wohlgefallen auflösen muss. Angesichts von rund 800 | |
Millionen Nutzern weltweit – Tendenz steigend – ist die Befürchtung, dass | |
schon Facebooks Sicht auf die Welt selbige ein Stück weit formt, sicher | |
nicht ganz abwegig. Eine Welt, in der man nicht leben will, weil dort nur | |
gelobt wird. Was niemand mag, findet nicht statt. | |
Wer erfahren will, mit welch harter Hand die Affirmation uns regiert, muss | |
nur mal versuchen, ein Gespräch mit einem Dissens zu beenden. Selbst wenn | |
Sie versuchen, standhaft zu bleiben – Ihr Gegenüber wird alles daransetzen, | |
dass am Ende „nichts zwischen uns steht“, wird alle Differenzen mit | |
verbaler Vaseline zuschmieren. Und möglicherweise werden Sie einknicken und | |
sich anschließend darüber ärgern. So geht es mir viel zu oft. | |
„Konsensorientiert“ zu sein gilt als Tugend – dabei sollte es eigentlich | |
ein Schimpfwort sein. Klar sind Querulanten scheiße – aber | |
unterschiedlicher Meinung zu sein und Positionen auszutauschen, ohne dass | |
es einer der beiden persönlich nimmt, wenn auch das Gespräch daran nichts | |
ändert, sollte doch möglich sein. Ist es aber immer seltener. | |
Der Einwand, dass das Internet auch ohne „Dislike“-Button schon voll genug | |
ist mit Pöbeleien und Herabwürdigungen, greift zu kurz, denn solche | |
Entgleisungen will niemand verteidigen. Aber Abneigungen zu unterdrücken | |
und so zu tun, als wäre das alles letztlich überhaupt kein Problem, ist | |
weltfremd. Wer mit allem d’accord geht, hat keine Haltung. Und sich meinen | |
Hass redlich verdient. | |
28 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
David Denk | |
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