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# taz.de -- NPD lässt sich schwer verbieten: Straßburg ist streng
> NPD verbieten. Wenn das so einfach wäre. Selbst wenn das Grundgesetz es
> erlauben würde, ein Verbot der NPD könnte an einer anderen Konvention
> scheitern.
Bild: Wenn es so einfach wäre.
FREIBURG taz | Ein Verbot der NPD würde vom Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMR) vermutlich nicht akzeptiert. Die Partei erfüllt
derzeit die vom EGMR aufgestellten Verbotskriterien nicht, weil sie nicht
relevant und gefährlich genug ist.
Seit die deutschen Innenminister beschlossen haben, die V-Leute in der
NPD-Führung abzuschalten, rückt ein Verbotsantrag näher. Doch inzwischen
hat die deutsche Politik gemerkt, dass bei einem Parteiverbot nicht nur das
Grundgesetz, sondern auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
zu beachten ist. Das heißt: Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht die
NPD auf Antrag verbietet, könnte dies vom Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte auf Beschwerde der NPD beanstandet werden.
Und der Straßburger Gerichtshof ist streng. In den letzten Jahren hat er
Parteiverbote überwiegend für rechtswidrig erklärt. Betroffen waren vor
allem Maßnahmen der Türkei, die sich gegen linke und kurdische Parteien
richteten. Nur zwei Verbote wurden akzeptiert: das spanische Verbot der
baskischen Partei Herri Batasuna und das türkische Verbot der Refah-Partei,
die für Muslime ein islamisches Rechtssystem einführen wollte.
Im Refah-Urteil der großen EGMR-Kammer finden sich 2003 auch die Kriterien,
die der Straßburger Gerichtshof regelmäßig prüft. Danach muss ein
Parteiverbot gesetzlich vorgesehen sein, ein legitimes Ziel verfolgen, und
es muss eine „dringende gesellschaftliche Notwendigkeit“ geben, die Partei
zu verbieten.
## Reales Potenzial zur Machtergreifung
Letzteres dürfte im Fall der NPD eine schwer zu überwindende Hürde sein. So
fordert der Gerichtshof, dass eine demokratiefeindliche Partei eine
„unmittelbare Gefahr“ für die Demokratie darstellen muss, sie müsse das
„reale Potenzial“ haben, die Macht zu ergreifen. Im Fall der Refah-Partei
wurde das bejaht. Sie hatte bei der letzten Wahl vor dem Verbot immerhin 22
Prozent der Stimmen erhalten, war größte Partei im Parlament und zeitweise
an einer Koalitionsregierung beteiligt.
Davon ist die NPD weit entfernt. Selbst wenn aber ein Parteiverbot zulässig
wäre, so müssen die Folgen auch verhältnismäßig sein. Im Refah-Fall wurde
das bejaht, weil nur eine Handvoll Parteiführer ihr Parlamentsmandat verlor
und die übrigen 152 Abgeordneten unter neuem Namen zunächst weitermachen
konnten. Nach deutschem Recht verliert dagegen eine verbotene Partei
automatisch alle Parlamentsmandate. Auch das könnte beanstandet werden.
Wer ein NPD-Verbot befürwortet, kann nur hoffen, dass sich eine deutliche
Verbindung der NPD zur Terrorgruppe NSU herausstellt. Denn beim Verbot von
Herri Batasuna akzeptierte der EGMR 2009 eine Verbindung der Partei zur
baskischen Terrorgruppe ETA als Verbotsgrund.
Manche setzen auch darauf, dass der EGMR durchaus den „historischen
Kontext“ eines Parteiverbotes berücksichtigt. Ob darunter aber auch die
Imagepflege für ein historisch schwer belastetes Land wie Deutschland
fällt, ist zu bezweifeln.
30 Mar 2012
## AUTOREN
Christian Rath
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