# taz.de -- Datenskandal in Hamburger Klinik: Patientendaten als Sperrmüll ent… | |
> Der Klinikkonzern Asklepios wirft sensible Krankenakten in den Müll. Die | |
> taz stellt die Akten sicher und informiert Datenschützer. Ermittelt wird | |
> gegen den Reporter. | |
Bild: Töpfchen und Kröpfchen: Aktenordner mit Patientendaten landeten bei Ask… | |
HAMBURG taz | Deutschlands größter privater Krankenhauskonzern Asklepios | |
hat in Hamburg höchst sensible Patientenakten gleich kistenweise im | |
Sperrmüllcontainer entsorgt und sich von der taz dabei erwischen lassen. | |
Neben ausgedienten Möbeln und Schrott lagerten in dem von der | |
Stadtreinigung aufgestellten Behälter unter freiem Himmel mindestens fünf | |
Kartons, randvoll mit hunderten alten Notfallberichten und | |
Abrechnungsunterlagen mehrerer Hamburger Kliniken. | |
Nachdem die Hamburger Redaktion einen Hinweis erhalten hatte, gelang es dem | |
Autor dieses Textes, Teile der auf dem von Spaziergängern stark | |
frequentierten früheren Klinikgelände des AK Eilbek achtlos weggeworfenen | |
Akten sicherzustellen. In den Ordnern, die nach Angaben von Asklepios im | |
Schredder landen sollten, befinden sich Diagnosen und | |
Krankheitsvorgeschichten von mehreren tausend Personen, die alle mit vollem | |
Namen und Wohnort in den Berichten vermerkt sind. | |
Briefwechsel mit dem Finanzdienstleister „Aktivia“ klären darüber auf, bei | |
welchen Patienten eine Privatinsolvenz vorliegt. Hinweise auf | |
Ehestreitigkeiten finden sich genauso in den Notfallberichten wie pikante | |
Atteste in der Korrespondenz mit den Krankenkassen, aus der man etwa | |
erfährt, dass ein Patient aus der Nähe von Hamburg unter einer „affektiven | |
Psychose“ leide. | |
## „Ziemlich schiefgelaufen“ | |
Asklepios-Sprecher Rudi Schmidt bestätigt, es seien „überwiegend | |
Patientenunterlagen“ gewesen, die „ungeplant“ in dem Container gelandet | |
seien. Schmidt: „Diese waren zur Vernichtung vorgesehen und sollten | |
eigentlich im benachbarten Sicherheitscontainer sein“, der fest | |
verschlossen ist. Warum die Dokumente im falschen Container landeten, sei | |
„noch nicht abschließend geklärt“, sagt Schmidt. Der Asklepios-Sprecher | |
weiß nur: „Da ist etwas ziemlich schiefgelaufen.“ | |
Die Datenpanne hatte in den Hamburger Medien für einigen Wirbel gesorgt, | |
nachdem Asklepios mit einer Pressemitteilung unter der Überschrift | |
„Patientenakten auf ehemaligem Klinikgelände entwendet“ versucht hatte, vom | |
eigenen Fehlverhalten abzulenken. Fortan suchten vor allem Hamburgs | |
Boulevardmedien fieberhaft den Täter; die taz konnte zur Aufklärung | |
beitragen. Schlagzeilen wie „taz-Reporter packt aus: Darum klaute ich die | |
Klinik-Akten“ (Hamburger Morgenpost) oder „taz-Reporter mopste | |
Patienten-Akten“ (Bild) sorgten dafür, dass die Aktenpanne auch über | |
Hamburg hinaus publik wurde. | |
Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar, dem die taz die Akten | |
umgehend übergab, zeigte sich über den Sperrmüllfund fassungslos: | |
„Patientenakten im Müll sind einer der größten anzunehmenden Unfälle für | |
eine Klinik.“ Sein Stellvertreter, Hans-Joachim Menzel, sagt: „Das geht | |
überhaupt nicht, dass Patientendaten so gelagert werden.“ | |
Auch die Politik hat sich inzwischen eingeschaltet. Der Hamburger | |
SPD-Gesundheitsexperte Martin Schäfer spricht von einer „schlichten | |
Schlamperei“ und sieht Handlungsbedarf, da die Stadt eine | |
Minderheitsbeteiligung an den von Asklepios geführten zehn Hamburger | |
Kliniken hält: „Hamburg muss dafür sorgen, dass sich so etwas nie mehr | |
wiederholt.“ Die Gesundheitsexpertin der Linken, Kersten Artus, fordert | |
derweil „eine rückhaltlose Aufklärung und auch Konsequenzen“. | |
## „Ausspähen von Geheimnissen“ | |
Die aber wird es – zumindest in rechtlicher Hinsicht – nicht geben. Nachdem | |
der Datenschutzbeauftragte die Polizei informiert hatte, stellte diese die | |
Akten sicher, sieht aber „keine Anhaltspunkte für eine Straftat“. Auch der | |
Datenschutzbeauftragte ist weitgehend machtlos. | |
Er prüft derzeit „die Einleitung eines Bußgeldverfahrens“ gegen Asklepios | |
wegen eines eklatanten „Verstoßes gegen Datenschutzrichtlinien“, muss es | |
aber wohl mit einer Rüge bewenden lassen. „Das ist für uns unbefriedigend�… | |
sagt Caspar, der einen dringenden „legislativen Handlungsbedarf“ bei solch | |
schwerwiegenden Verstößen gegen Datenschutzrichtlinien anmahnt. | |
Ermitteln tut die Hamburger Staatsanwaltschaft hingegen gegen die taz. Der | |
Vorwurf lautet: „Ausspähen von Geheimnissen“. | |
1 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
## TAGS | |
Asklepios | |
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