# taz.de -- Fernsehfilm „Uns trennt das Leben“: Plötzlich ist ein Kind tot | |
> Mit dem Drama „Uns trennt das Leben“ legt Regisseur Alexander Dierbach | |
> ein bemerkenswertes Langfilmdebüt vor. Und er bricht ein Tabu. | |
Bild: Das Kind als Täter: David hat was angestellt. | |
Die Sonne scheint, die Stimmung steigt, und plötzlich ist ein Kind tot: Auf | |
einer Familienfeier erschlägt der achtjährige David (Jannik Brengel) in | |
einem Wald die sechsjährige Tine (Amona Aßmann). Der Junge kommt in die | |
geschlossene Abteilung einer Kinderpsychiatrie, wo sich die engagierte | |
Psychologin Nora (Julia Koschitz) um ihn kümmert. Sie will herausfinden, | |
was genau passiert ist und was ihn zu seiner Tat trieb. | |
So beginnt das Drama „Uns trennt das Leben“, mit dem der Regisseur | |
Alexander Dierbach sein Langfilmdebüt vorlegt. Ende vergangenen Jahres | |
wurde der 32-Jährige dafür mit dem Studio-Hamburg-Nachwuchspreis in der | |
Kategorie Beste Regie ausgezeichnet. | |
Auch das Drehbuch stammt von Dierbach: „Zu meiner Zeit an der | |
Filmhochschule habe ich aus Neugierde Vorlesungen über forensische | |
Kinderpsychologie besucht, so kam ich auf den Ausgangspunkt der | |
Geschichte“, erzählt er. „Vor allem die Frage nach der Schuldfähigkeit von | |
Kindern sowie die emotionalen Reaktionen von betroffenen Eltern finde ich | |
spannend und beides ist Bestandteil des Films. Aber das eigentliche Thema | |
ist ein anderes: Ich möchte zeigen, wie die Welt von drei unterschiedlichen | |
Paaren durch die Tat des Jungen aus den Fugen gerät.“ | |
Da ist die Psychologin, die ihre Schwangerschaft vor ihrem beruflich in | |
eine Krise schlitternden Freund (Sebastian Ströbel) verheimlicht. Da sind | |
die Eltern des Mädchens (Jasmin Schwiers, Tim Bergmann), die sich | |
auseinanderleben, weil sie nicht verstehen kann, dass er so schnell wie | |
möglich wieder ein halbwegs normales Leben führen will. | |
Und da ist die alleinerziehende Mutter des Jungen (Anneke Kim Sarnau), die | |
sich in die Idee verrannt hatte, ihrem Sohn ein klassisches Familienmodell | |
zu bieten, ihrem neuen Partner (Jan Messutat) möglichst alles recht machen | |
wollte und ihrem Kind zu wenig Zeit widmete. | |
Ein komplexes Szenario, das Dierbach auf unterschiedlichen Zeitebenen | |
entfaltet. „Zwischendurch habe ich gedacht, ich hätte es mir bei meinem | |
Debüt auch etwas einfacher machen können“, sagt Dierbach. Er hat von der | |
Idee bis zum fertigen Schnitt sieben Jahre an dem Film gearbeitet. „Der | |
erste Sender, mit dem ich zusammengearbeitet habe, hat das Projekt nach | |
zwei Jahren beendet, der Stoff schien den Redakteuren zu schwierig zu sein. | |
Da fragt man sich schon, ob man weiter an sein Projekt glauben soll.“ | |
## „Ich hätte es mir auch einfacher machen können“ | |
Gut, dass er es getan hat. Zwar ist die Häufung der Problemlagen der | |
Protagonisten ein bisschen zu viel des Guten beziehungsweise Schlechten. | |
Dennoch ist Dierbach ein ergreifender Film gelungen, bei dem man als | |
Zuschauer gebannt und mit einem Gefühl der Hilflosigkeit der Geschichte | |
folgt. | |
„Ich finde es beachtlich, dass Alexander in so jungen Jahren so viel | |
Rückgrat bewiesen und sich dem Trend zum Weichgespülten im Fernsehen | |
widersetzt hat“, sagt Jasmin Schwiers, die als vollkommen in sich gekehrte | |
Mutter des Opfers genauso überzeugt wie der Rest des Ensembles. | |
„Allein den Tod eines Kindes zu thematisieren ist in der TV-Landschaft fast | |
ein Tabubruch. Mir gefällt aber vor allem, dass er die Beziehungen der | |
Paare so schonungslos beleuchtet, dass es beim Zuschauen wehtut, es aber | |
nicht reißerisch wird. Für mich waren diese Momente inspirierend und große | |
Herausforderungen.“ Dierbach investiert viel und er verlangt viel, mit ihm | |
ist zu rechnen. Hoffentlich vergehen bis zu seinem nächsten Film nicht | |
wieder sieben Jahre. | |
„Uns trennt das Leben“, ARD, 20.15 Uhr. | |
4 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven Sakowitz | |
## TAGS | |
Pränataldiagnostik | |
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