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# taz.de -- Lega-Nord-Chef zurückgetreten: Bossi fällt aus allen Wolken
> Sensationalle Wendung im italienischen Finanzskandal der
> rechtspopulistischen Lega Nord: Parteichef Umberto Bossi tritt zurück.
Bild: Ausgepafft: Umberto Bossi.
ROM taz | Mit dem Rücktritt des charismatischen Parteichefs Umberto Bossi
am Donnerstag Abend nahm der Finanzskandal um die Lega Nord eine ebenso
rasche wie sensationelle Wendung.
Erst am Dienstag hatten Staatsanwälte ihr Ermittlungsverfahren gegen
Lega-Schatzmeister Francesco Belsito wegen Unterschlagung, Betrug und
Geldwäsche öffentlich gemacht, hatten sie Parteisitze und Privatwohnungen
durchsucht. Einer der Hauptvorwürfe: Belsito soll sehr private Vergnügen
der Familie Bossi aus der Parteischatulle finanziert haben, die wiederum
vorwiegend durch die staatliche Wahlkampfkostenerstattung alimentiert
wurde.
Hochnotpeinlich für Bossi waren die Abhörprotokolle der Gespräche zwischen
Belsito und seinen Vertrauten, die die Staatsanwälte belauschten. Da ist
die Rede davon, wie aus der Parteikasse der Kauf von Reisen, ein Bauernhof
für einen Bossi-Sohn und Autos für den anderen finanziert wurden.
Umberto Bossi, seit 2004 durch einen Schlaganfall sichtlich in seinen
Kräften eingeschränkt, hat allem Anschein nach anders als seine Frau und
seine Söhne von dieser Sippenwirtschaft nicht viel mitbekommen.
## „The family“
Italienische Medien jedenfalls kolportieren, er sei aus allen Wolken
gefallen, als er erfahren habe, dass der neueste Wagen seines Sprosses
Renzo – der 23-Jährige bevorzugt Audi und BMW – nicht vom Sohn geleast,
sondern von der Partei erworben worden war. Ebenso überrascht soll Bossi
sich gezeigt haben, als er erfuhr, dass Renzo nicht dem Ökonomiestudium
nachging, vom dem er seinem Papa immer erzählte.
Dennoch muss natürlich Umberto Bossi selbst dafür gerade stehen, dass bei
der Durchsuchung des Parteisitzes ein Scheckheft auftauchte, auf dem der
schöne Titel „The family“ prangte.
Eine einzigartige Politikerkarriere neigt sich damit ihrem Ende zu. Bossi
hatte seinen Lebensweg zunächst als gescheiterte Existenz begonnen: Seine
erste Frau verließ ihn, als sie entdeckte, dass der angebliche
Assistenzarzt, der sich angeblich jeden Morgen zur Ausbildung ins örtliche
Krankenhaus begab, sein Studium nie abgeschlossen hatte.
## Das „diebische Rom“
Doch schon den 80er Jahren hatte Bossi die Sprengkraft des Unmuts des
reichen Nordens gegenüber dem „diebischen Rom“ und dem durch Subventionen
alimentierten Süden erkannt. Er gründete zunächst die Lega Lombarda, für
die er 1987 überraschend in den Senat einzog – und dehnte seine Bewegung
dann unter dem Namen Lega Nord auf den ganzen Norden Italiens aus.
Mit rassistisch gefärbten Kampagnen erst gegen die Süditaliener, dann
zunehmend gegen Immigranten machte er die Partei zu einer populistischen
Kraft, die auch lokal bestens verankert ist und mittlerweile neben
hunderten Bürgermeistern die Präsidenten der beiden Regionen Piemont und
Veneto stellt; auf nationaler Ebene liegt die Lega nach den aktuellen
Umfragen bei 10 Prozent.
Die Partei führte Bossi über die Jahre immer mit eiserner Hand; wer
widersprach, war draußen. Doch seit seinem Schlaganfall 2004 übernahm der
so genannte „magische Zirkel“ – zu dem Bossis Ehefrau und einige
Lega-Politiker der zweiten Reihe gehörten – die Tagesgeschäfte. Zugleich
erwarb sich Roberto Maroni, in den Jahren 2008-2011 Innenminister in der
Regierung Berlusconi, an der Parteibasis wachsendes Ansehen. Schon vor dem
jetzt erfolgten Rücktritt Bossis waren die Führungsansprüche Maronis
unübersehbar.
Maorni hat jetzt anscheinend freie Bahn. Zusammen mit zwei weiteren
führenden Lega-Vertretern soll er die Partei bis zum mit der Wahl des neuen
Chefs betrauten Parteitag führen. Ob es ihm gelingt, das für die Lega
ungewohnte Image der Korruption wieder loszuwerden, steht allerdings noch
dahin.
5 Apr 2012
## AUTOREN
Michael Braun
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