| # taz.de -- Italien nach Berlusconi: Schimpfen auf die „Bingo-Bongos“ | |
| > Die norditalienischen Separatisten von der Lega Nord sind in der | |
| > schwersten Krise ihrer Geschichte. Der Parteisender „Radio Padania“ | |
| > versucht, die Getreuen zusammenzuhalten. | |
| Bild: Umberto Bossi hält Wasser aus dem Po in die Luft. | |
| „Good morning Padania!“, „Es lebe das freie Padanien!“ oder eben gleich | |
| statt dem guten alten „Buon Giorno“ ein kräftiges „Buona Padania!“. So | |
| schneidig grüßt, wer bei „Radio Padania Libera“ auf Sendung geht. | |
| Das offizielle Organ der fremdenfeindlichen Separatistenpartei aus der | |
| Poebene (=Padania) ist gleichzeitig zum Kummerkasten wie zur Frontlinie | |
| geworden, seit der Vorsitzende Umberto Bossi von seinem Amt zurücktreten | |
| musste: Zumindest seine in der Lega aktiven Familienmitglieder haben | |
| öffentliche Gelder der Parteienfinanzierung für Privatvergnügen abgezweigt. | |
| Am Donnerstag wurde dann auch noch die Vizepräsidentin des italienischen | |
| Senats, Rosy Mauro, aus der Partei ausgeschlossen, nachdem sie zuvor einen | |
| Rücktritt abgelehnt hatte. Nun steht die ganze Lega Nord, die sich immer | |
| als Bewegung der ehrlichen Bürger verkauft hat, vor dem Abgrund. | |
| „Radio Padania“ gibt es seit 1990. Damals übernahm die Lega den | |
| Privatsender „Radio Varese“ und baute ihn konsequent zum | |
| Propagandainstrument um. Die Mischung ist schlicht und erfolgreich: | |
| Engagiertes Lokalradio für die Probleme vor Ort, wüste Polemik gegen alles | |
| „Unpadanische“ – nicht zuletzt gegen die verhasste italienische | |
| Fußballnationalmannschaft. | |
| Das alles in einem Phantasiedialekt, dem – na klar – „padanischen“, und… | |
| ständigen Austausch mit der Basis, mit dem Bauch der Partei. Das Publikum | |
| kann immer anrufen, wird immer durchgestellt, um auf die Regierung Monti zu | |
| schimpfen, auf die „Bingo-Bongos“, wie die Legaanhänger („Leghisti“) | |
| afrikanische Immigranten nennen, auf die „Terroni“, die Süditaliener oder | |
| auf die Ursache allen Übels, das räuberische Rom, welches den fleißigen | |
| Lombarden und Venetern ihr sauer verdientes Geld stiehlt. | |
| ## Kampagne gegen die Lega? | |
| Doch jetzt gerät auch Radio Padania in Erklärungsnöte. Ermitteln doch | |
| Staatsanwälte sogar wegen möglicher Geschäfte zwischen der Lega und der | |
| Mafia. Was sagt man der weinenden Rentnerin, die vom Moderator Antworten | |
| haben will, die sie über den Verlust Umbertos hinwegtrösten können? Alle | |
| Vorwürfe erfunden, proklamiert der Sender; nur Idioten erkennen nicht das | |
| Komplott und die Kampagne gegen die Lega. Aber was ist mit den Dingen, die | |
| man nun einfach gar nicht wegleugnen kann? „Allein der Schatzmeister ist | |
| schuld“, sekundiert ein Hörer – und siehe da: Er ist ein „Terrone“. So | |
| einem hätte man eben nie trauen dürfen! | |
| Aber auch „Radio Padania“ selbst scheint so ganz sauber nicht zu sein. | |
| Bergamonews, ein Lokalblatt aus der norditalienischen Stadt, berichtet, | |
| „Radio Padania“ habe dank eines von der Lega 2004 durchgedrückten Gesetzes | |
| kostenlos Frequenzen erhalten, die man dann illegal weiterverkauft habe. | |
| Doch der nächste Hörer ruft gleich wieder auf zum Kampf: „Die Lega wird nie | |
| aufgeben, nie! Padanier stehlen nicht, Padanier sind stark, Padaniern steht | |
| er immer!“ Ja, wirklich? Ja wirklich: So hatte einst Bossi das | |
| Durchaltevermögen der Lega in Worte gefasst, als man noch fest an der Seite | |
| Berlusconis stand. Was er wohl nun sagt, da sich die Bewegung in ihrem | |
| Innersten als erschlafft, wenn nicht verfault erwiesen hat? Im Parteisender | |
| jedenfalls nichts. | |
| 13 Apr 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| R. Valsecchi | |
| A. Waibel | |
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