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# taz.de -- Richtungsstreit bei den Piraten: Zoff ums Geld
> Parteichef Sebastian Nerz lehnt Forderungen aus der eigenen Partei nach
> einer Bezahlung des Parteivorstands ab. In aktuellen Umfragen klettert
> seine Partei bundesweit auf zehn Prozent.
Bild: Wer kriegt das Gold? Die Parteispitze jedenfalls nicht.
BERLIN reuters/afp/dapd | In der Führung der Piratenpartei ist ein
Richtungsstreit über den Weg zu professionellen Strukturen ausgebrochen.
Parteichef Sebastian Nerz lehnte Forderungen aus der Parteiführung ab,
Vorstandsmitglieder zu bezahlen. „Selbst wenn wir es wollten, derzeit
verfügt die Partei gar nicht über ausreichend Geld, um den Vorständen einen
regulären Lohn zu zahlen“, sagte er der Zeitung Sonntag Aktuell.
Er halte auch deshalb nichts von dem Vorschlag, weil sich ein bezahlter
Vorstand finanziell viel zu abhängig von der Partei machen würde. Hingegen
hatte der Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen, Joachim Paul, erklärt,
ein Führungsamt nur ehrenamtlich auszuüben, gehe gar nicht.
„Professionalisierung heißt auch: Ich muss mich sorgenfrei um die Belange
der Bürger kümmern können“, sagte er dem Spiegel.
Nach ihren Wahlerfolgen in Berlin und im Saarland erlebt die Partei einen
derartigen Zulauf, dass viele führende Parteimitglieder über eine enorme
Doppelbelastung durch Beruf und Partei klagen und eine Professionalisierung
der Parteiarbeit fordern. Auch Nerz sagte, für ihn sei ein Vollzeitjob
neben der politischen Arbeit zeitlich nicht mehr möglich. Zwar sei es
richtig, dass sich die Partei professionalisieren müsse und auch mehr
bezahlte Kräfte benötige.
## IT-Kräfte fehlen
„Aber derzeit werden diese dringender in der Verwaltung und in der
IT-Abteilung bei den Piraten gebraucht“, sagte Nerz. Er regte an, nach
einem Erfolg bei der Bundestagswahl einem Bundestagsabgeordneten die
Parteiführung zu übertragen. Der hätte dann durch seine Abgeordnetendiäten
die notwendige finanzielle Sicherheit. Paul hatte bemängelt, wenn Piraten
als Abgeordnete im Parlament säßen und Diäten bekämen, könne der
Parteivorstand nicht unbezahlt bleiben. „Dann gibt es keine Balance mehr“
Paul verlangte auch auf anderen Gebieten Veränderungen, die die Piraten den
etablierten Parteien ähnlicher machen würden. Dazu gehören die
Positionierung zu einem breiteren Themenspektrum und eine Begrenzung des
streng basisdemokratischen Prinzips. „Wir müssen unsere Kompetenz beweisen.
Es schadet uns, wenn wir ahnungslos rüberkommen“, sagte Paul.
Seine Partei müsse sich zu allen Themen positionieren, auch in der
Wirtschafts- und Außenpolitik. Das müsse schnell geschehen. „Wir wollen
schließlich zur Bundestagswahl antreten, und die kann ja schneller kommen
als 2013.“ Sollten die Piraten am 13. Mai in den Düsseldorfer Landtag
einziehen, könnten sie vom streng basisdemokratischen Prinzip der Partei
Abstand nehmen. „Wir werden nicht in allem immer sofort die Basis befragen
können“, sagte Paul. Eine Fraktion brauche auch eine gewisse Autonomie.
Auch der frühere Berliner Landesvorsitzende Gerhard Anger sagte weitere
Veränderungen seiner Partei voraus. „Ich sehe jetzt schon die Gefahr, dass
sich auch bei uns wieder der ähnliche Typ durchsetzt wie in anderen
Parteien“, sagte er dem Spiegel. In Berlin waren die Piraten im September
zum ersten Mal in ein Landesparlament eingezogen. Im Februar gab Anger den
Landesvorsitz wegen der Doppelbelastung mit seinem Beruf auf.
Den Umfragen zufolge dürften die Piraten auch in Nordrhein-Westfalen und
Schleswig-Holstein in die Landesparlamente einziehen. Auf Bundesebene liegt
die Partei derzeit bei zehn Prozent.
In einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage von Emnid für die Bild am
Sonntag erreichen die Piraten zehn Prozent. Erstmals liegen Union und FDP
vor Rot-Grün. Die SPD büßte im Vergleich zur Vorwoche einen Prozentpunkt
ein und kam auf 26 Prozent, die Grünen verharrten bei 13 Prozent. Die Union
erreicht 36 Prozent, die FDP vier Prozent. Die Linkspartei stagniert bei
sieben Prozent. Weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün erreichen dabei eine
eigenen Mehrheit.
## CSU glaubt an die Piraten
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagt der Piratenpartei
längerfristigen Wählerzuspruch voraus. „Die Piraten werden sicherlich ihre
Erfolge bei den nächsten Landtagswahlen fortsetzen, sie haben auch gute
Chancen, nächstes Jahr in den Bundestag einzuziehen“, sagte Dobrindt der
Welt. „Ich sehe die Piraten für längere Zeit über fünf Prozent“, fügte…
hinzu.
Dobrindt sieht die Piraten als neue Protestpartei in der Nachfolge der
Grünen. Letztere hätten ihr „Mono-Thema Kernenergie“ verloren und seien
„durch und durch technikfeindlich“. Deshalb könnten sie „das
netzgetriebene, technikbasierte Protestpotenzial nicht binden“.
9 Apr 2012
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