# taz.de -- Hohe Mieten: Sozialgericht entscheidet: Familie K. muss umziehen | |
> Eine sechsköpfige Familie bekommt künftig nur 20 Euro mehr Wohngeld vom | |
> Jobcenter. | |
Bild: "Fuck Yuppies": Protest gegen Gentrifizierung an einer Kreuzberger Hauswa… | |
Das Berliner Sozialgericht hat am Montag die Klage einer sechsköpfigen | |
Familie aus Schöneberg auf die Übernahme der vollen Wohnkosten abgewiesen. | |
Das Gericht stellte zwar fest, der Familie stünden für die monatliche | |
Warmmiete 20,17 Euro mehr zu als die vom Jobcenter bezahlten 755 Euro. Ein | |
Umzug innerhalb Berlins sei jedoch grundsätzlich zumutbar. Für Familie K., | |
die seit 15 Jahren in der Wohnung in Schöneberg wohnt, bedeutet das Urteil | |
voraussichtlich einen Umzug in eine deutlich kleinere Wohnung an den | |
Stadtrand. | |
Herr K., gelernter Zahntechniker, war 2004 arbeitslos geworden. Das | |
Jobcenter beanstandete bereits 2007, die Miete für die 113 Quadratmeter | |
große Wohnung in der Schöneberger Steinmetzstraße sei zu hoch. Einer | |
sechsköpfigen Familie, die Hartz IV erhält, stehen in Berlin nach den | |
Ausführungsvorschriften des Senats 755 Euro für die Bruttowarmmiete zu. Zum | |
1. Mai will der Senat die Höhe der Wohnkosten erhöhen, der Familie K. | |
stünden dann rund 830 Euro zu. Die Familie gibt an, seit Langem nach einer | |
bezahlbaren Wohnung zu suchen. Für die vom Jobcenter vorgesehenen | |
Mietkosten sei in Berlin jedoch keine ausreichend große Wohnung zu finden. | |
Die Wohnung der Familie K. gehört dem sozialen Wohnungsbau an. Seit die | |
Förderung für diesen ausläuft, wird sie zweimal jährlich erhöht – seit | |
April beträgt die Miete 1.231 Euro. Herr K. leidet an einem Hypophysentumor | |
und gilt als schwerbehindert. Bis Dezember 2012 konnte er die Mehrkosten | |
für die Wohnung durch einen Nebenjob finanzieren, den er jedoch verlor. | |
Das Urteil des Sozialgerichts bezog sich nur auf den Zeitraum Juli bis | |
Dezember 2008. Die 20 Euro mehr erhält Familie K. also nur für diese sechs | |
Monate. Die Anwältin ließ offen, ob Familie K. in Revision gehe würde. Die | |
Familie hat nun möglicherweise eine Wohnung in Spandau in Aussicht. Diese | |
ist mit 98 Quadratmetern deutlich kleiner als die jetzige, die Miete würde | |
auch dort um 50 Euro über den vorgesehenen Kosten liegen. Die Kinder | |
müssten die Schule wechseln, Herr K. müssten künftig weite Strecken zu | |
seinen Fachärzten zurücklegen. | |
Mieter- und Sozialverbände kritisieren die Richtwerte der Jobcenter | |
angesichts der rasant steigenden Mieten in Berlin als absolut unzureichend. | |
Auch Alexander Spies, Berliner Abgeordneter der Piraten, der im | |
Sozialgericht anwesend war, kritisierte das Urteil als „lebensfern“. Die | |
Berliner Praxis verstoße gegen das Sozialgesetzbuch, wonach Umzüge nur in | |
„zumutbarem“ Umfang gefordert werden können. Er sprach sich dafür aus, die | |
Richtlinien so zu verändern, dass Umzüge nur noch innerhalb „sozialräumlich | |
orientierter Lebensräume“, höchstens jedoch innerhalb eines Bezirks | |
gefordert werden könnten. | |
16 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Juliane Schumacher | |
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