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# taz.de -- Julian Assange in Russland auf Sendung: Ein „Rohrkrepierer“
> Zahmes Plauderstündchen mit dem Hisbollah-Chef: Beim ersten Auftritt von
> Julian Assange im russischen Fernsehen war von einer explosiven Show
> nichts zu spüren.
Bild: Von hinten ganz ok: Julian Assange im Gespräch mit Scheich Hassan Nasral…
MOSKAU taz | „Erwarten Sie das Unerwartete“ wirbt Russlands fremdsprachiger
TV-Sender Russia Today schon seit Wochen. Bereits im Vorfeld wurde [1][„The
World of Tomorrow“ – die „neue explosive Show“] - als mediales Welterei…
gefeiert. Dafür garantiere schon der intellektuelle Kopf als Zugpferd der
Interviewserie, Wikileaks-Gründer Julian Assange, mutmaßte der russische
Propagandakanal.
Politiker und Intellektuelle, die die Welt von morgen bestimmten und im
westlichen Mainstream-Journalismus nicht zu Wort kämen, sollte Assange in
einer zwölfteiligen Serie für den russischen Kanal befragen. Bis zuletzt
blieb geheim, wer den Auftakt machen würde.
Es war Scheich Hassan Nasrallah, Chef der libanesischen Schiitenmiliz
Hisbollah, mit dem sich der im Hausarrest sitzende Assange vom englischen
Norfolk aus über Skype unterhielt.
Nasrallah lebt seit 2006 im Untergrund und zeigt sich auch seinen Anhängern
meist nur sporadisch über Satellit. Vor dem Hintergrund des
Syrienkonfliktes war der Gesprächspartner medienwirksam ausgewählt. Die
Hisbollah begrüßte die Revolutionen in der arabischen Welt, in Syrien steht
die Miliz jedoch zu Präsident Assad.
Der hackende Rebell stellte zwar die notwendigen Fragen: Warum unterstützt
die Hisbollah das syrische Regime und wie viele Opfer sei sie bereit noch
hinzunehmen. Gebe es da nicht eine moralische Grenze?
Der hartnäckige Aufklärer im Westen hakte aber nicht nach. Er betrieb
stattdessen eine höfliche Konversation, die dem Chef der terroristischen
Vereinigung ausreichend Platz einräumte, sich als friedfertigen
Freiheitskämpfer darzustellen.
## Zahme Gespräche
Assange hatte schon angekündigt, dass er keine klassischen Interviews
führen werde, sondern das Gespräch suche und die „Geschichten hinter den
charismatischen Personen“. Vielen Gesprächspartnern gegenüber hege er
Sympathie, sagte er in einem früheren Interview. Die meisten seien wie er
Opfer repressiver Herrschaftspraktiken gewesen.
Viel Neues entlockte er dem Scheich denn auch nicht. Die USA und Israel
würden den Bürgerkrieg in Syrien bewusst anheizen, meinte Nasrallah ohne
eine weitere Gegenfrage. Da in der syrischen Opposition Al Quaida
mitmische, verböte sich der Widerstand gegen Assad, suggerierte der
Milizenchef, der sich gleichzeitig als Konfliktvermittler anbot.
## Ideologie statt Gegenöffentlichkeit
Kurzum: Assanges Auftritt war dürftig. Interviewer und Interviewte sowie
der russische Auftraggeber trafen sich in der gemeinsamen Ablehnung der USA
und des Westens. Das selbstgesteckte Ziel, Gegenöffentlichkeit
herzustellen, fiel dem Ideologischen zum Opfer.
Julian Assange sitzt seit fast 500 Tagen im Hausarrest und wartet auf eine
offizielle Anklage wegen eines vermeintlichen Vergewaltigungsdeliktes in
Schweden. Die Atmosphäre im Wohnzimmerstudio vermittelte auch nicht den
Eindruck, dort würden Pläne für ein emanzipiertes und aufgeklärtes Morgen
geschmiedet.
Die heimische Skype-Sitzung vor schweren englischen Vorhängen strahlte
weniger Professionalität aus als so manches studentische Campus-Medium. So
schonend gehen sonst nur russische Hofjournalisten mit Kremlchef Wladimr
Putin um.
## Assange wehrt Kritik ab
Der Kritik im Westen an der Kooperation mit dem Hofsender war Assange schon
vorher entgegengetreten. Keine weltweit ausstrahlende TV-Station sonst
hätte das Projekt gefördert, meinte er.Überdies hätte RT auch über
Wikileaks objektiver berichtet als andere Medien. Dennoch ginge er „mit dem
Kreml nicht ins Bett“.
„Ein schlimmeres Ende für einen Herausforderer der Weltordnung als
Angestellter des staatlich kontrollierten Russia Today zu werden, kann man
sich kaum vorstellen“, meinte der Mitherausgeber der oppositionellen
Zeitung Nowaja Gaseta Alexander Lebedew, als das Projekt vorgestellt wurde.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Die „explosive Show“ war ein Rohrkrepierer.
17 Apr 2012
## LINKS
[1] http://assange.rt.com/
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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