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# taz.de -- Krimiserie „East West 101“: Eine gemischte Tüte Klischee
> Der Fernsehsender Arte hat was Neues im Serienprogramm. Die Krimiserie
> „East West 101“ aus Australien füllt Woche für Woche die
> Klischeeschublade auf.
Bild: Kari vertickt dir alles was du willst.
Der Titel, „East West 101“, lässt es bereits vermuten: Bei der
australischen Krimiserie, die Arte ab heute sechs Wochen lang immer
donnerstags jeweils als Doppelfolge ausstrahlt, ist es mit so simplen
Fragen, wer hier wen erschossen haben könnte oder – in der zweiten Folge –
mit gestrecktem Heroin um die Ecke gebracht haben mag, nicht getan.
Nein, Arte arbeitet sich mit der Serie von Regisseur Peter Andrikidis mal
wieder an den größeren gesellschaftspolitischen Fragen ab: Osten und
Westen, Muslime und Christen, Schwarz und Weiß und wie sich das im
Schmelztiegel Sydneys alles mühsam und manchmal eben auch nicht arrangiert
zu einer oft unguten Mixtur aus Vorurteilen, Stereotypen,Angst und
gegenseitigem Misstrauen.
Der Osten, das ist in diesem Fall Zane Malik (Don Hany), gebürtiger Iraker,
praktizierender Muslim – und smarter Detective im Dezernat für
Schwerverbrechen. Der Westen kommt als Unsympath in Gestalt von Maliks
Kollegen Ray Crowley (William McInnes) daher. Der hat seine
Freund-Feindbilder klar sortiert: Im Zweifel sprechen die Täter bei ihm
arabisch, beten zu Allah und dealen mit Drogen. Als in der ersten Folge ein
Polizist bei der Jagd auf ein vermeintliches Verbrecherduo erschossen wird,
steht die Aussage eines arabischen Jungen gegen die eines weißen
Polizisten. Crowley gibt dem Jungen nicht mal eine Chance.
Dass er auf seine alten Tage an der Seite eines jungen Muslims ermitteln
muss, ist für Crowley ein Anachronismus, den er nicht verstehen kann. In
seiner Hilflosigkeit flüchtet er sich in ein sorgsam fest gezimmertes
Weltbild aus Vorurteilen: „Entweder bist du Araber oder du bist Polizist“,
zischt er Malik zu.
## „Uns gibt es heute in allen Farben und Formen“
Wie Regisseur Andrikidis dieser Annahme, ohne die Charaktere viele Worte
verlieren lassen zu müssen widerspricht und Stereotype auf beiden Seiten
ohne großes Aufhebens entzaubert, gehört zum Besten an dieser Serie. Wenn
sonst in Krimiserien die problematische Frage nach dem Fremden irgendwie
eine Rolle soll, hat der Kommissar vielleicht irgendwo noch eine arabische
Großmutter oder die Pathologin im Team kommt aus der Türkei oder die
Co-Ermittlerin hat eine dunkle Hautfarbe.
Hier aber gibt es also endlich mal einen Detective, dessen Frau doch
tatsächlich Kopftuch trägt, der in die Moschee geht und betet. „Uns gibt es
heute in allen Farben und Formen“, sagt Malik zu einem Streifenbeamten, der
ihn zunächst nicht zu einem Tatort durchlassen will und erst Platz macht,
als Malik ihm seine Dienstmarke unter die Nase hält.
Dabei gerät der aufzuklärende Polizistenmord in der ersten Folge fast zur
Nebensache: Zu sehr sind Malik und Crowley entweder mit ihren Hahnenkämpfen
(„Du bist ein mordgieriger Arsch.“ – „Und du bist ein verrückter Arabe…
Und ich mach dich fertig.“) beschäftigt oder aber das Drehbuch selbst mit
dem Clash der Kulturen und nicht so einfach zu beantwortenden
Identitätsfragen: „Die respektieren dich nicht. Einer von uns, das bist du
für sie“, sagt Talal (Firass Dirani), potentieller Polizistenmörder, zu
Malik.
## Wenig Fantasie
Leider ist Talal auch die einzige Figur, die zum ernsthaft Tatverdächtigen
aufgebaut wird. Ein bisschen mehr Fantasie auf die eigentliche
Kriminalhandlung zu verwenden, hätte der Folge schon gut getan.
Der zweite Teil der Doppelfolge gelingt in der Hinsicht besser – die
Personenkonstellationen sind zunächst angemessen verwirrend, es gibt sogar
eine richtige Nebenhandlung. Im Zuge derer Crowleys Wahrheiten, die er sich
im Laufe seines Polizistenlebens zurechtgelegt hat, endgültig ins Wanken
geraten: In einem Problemviertel Sydneys sterben Junkies an gepanschtem
Heroin – alles Kinder von Einwanderern und Ureinwohnern. Und: Crowleys
Sohn.
Araber und Polizisten, gut und böse, die dort und wir hier – die Serie
macht es weder Detective Crowley noch dem Fernsehpublikum zu leicht.
19 Apr 2012
## AUTOREN
Anna Klöpper
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