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# taz.de -- Urteil zu Einstellungskriterien: Meister ohne Chance
> Der EuGH negiert den Auskunftsanspruch von abgelehnten Bewerbern. Doch
> schweigende Arbeitgeber können in bestimmten Fällen trotzdem Probleme
> bekommen.
Bild: Unternehmen mit intransparenten Einstellungskriterien müssen künftig mi…
FREIBURG taz | Abgelehnte Stellenbewerber haben keinen Anspruch auf
Auskunft darüber, wer die Stelle später aus welchen Gründen erhalten hat.
Dies entschied jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Fall aus
Deutschland. Allerdings kann das Schweigen des Arbeitgebers in bestimmten
Konstellationen am Ende doch Entschädigungsansprüche auslösen.
Konkret ging es um den Fall Galina Meister, die sich 2006 um eine
ausgeschriebene Stelle als Software-Entwicklerin beworben hatte. Obwohl sie
die erforderliche Qualifikation vorwies, wurde sie nicht zum
Bewerbungsgespräch eingeladen, sondern bekam nur ein belangloses
Absageschreiben. Stutzig wurde sie, als das Unternehmen wenige Tage später
eine gleich definierte Stelle erneut ausschrieb. Wieder bewarb sie sich,
wieder wurde sie nicht eingeladen.
Sie hatte nun den Verdacht, dass die Ablehnung etwas mit ihrem Alter (sie
ist 1961 geboren), ihrem Geschlecht oder ihrer Herkunft aus Russland zu tun
haben könnte. Sie fragte den Arbeitgeber deshalb, ob die Stelle inzwischen
besetzt sei und welche Kriterien dabei den Ausschlag gaben. Sie bekam keine
Antwort.
Nun klagte Galina Meister auf Schadenersatz wegen Diskriminierung bei der
Einstellung. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss der
Arbeitgeber beweisen, dass er nicht diskriminiert hat, wenn es Indizien
dafür gibt. Hamburger Arbeitsgerichte lehnten die Klage der Frau jedoch ab.
Das Schweigen des Arbeitgebers sei kein Indiz für Diskriminierung.
## Arbeitsgerichte müssen Gesamtschau vornehmen
Der EuGH antwortet auf Nachfrage des Bundesarbeitsgerichts nun
differenzierter. Zwar habe die Frau keinen Auskunftsanspruch. Allerdings
könne die Auskunftsverweigerung bei der Frage, ob Indizien für eine
Diskriminierung vorliegen, eine Rolle spielen.
Hier müssten die Arbeitsgerichte eine Gesamtschau vornehmen. Und da könne
die Intransparenz der Einstellung für eine Diskriminierung sprechen, wenn
der Bewerber die Anforderungen einer mehrfach ausgeschriebenen Stelle
erfüllt, aber nicht eingeladen wird.
Arbeitgebernahe Juristen befürchten, das Urteil führe zu Rechtsunsicherheit
und lade professionelle AGG-Kläger geradezu zu Schadenersatzklagen ein. Die
Antidiskriminierungsstelle des Bundes wies darauf hin, dass ein Arbeitgeber
vor Gericht immer noch beweisen könne, dass die Ablehnung sachliche Gründe
hatte.
Az.: C-415/10*a
19 Apr 2012
## AUTOREN
Christian Rath
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