| # taz.de -- Osteuropäische Haushaltshilfen: Pflege in der Trickkiste | |
| > Die wenigsten Haushaltshilfen erhalten einen Mindestlohn. Denn für | |
| > Privathaushalte gelten eigene Regeln, pflegerische Tätigkeiten werden | |
| > umdeklariert. | |
| Bild: Mindestlohn für Pflege- und Haushaltshilfen: mit Tricks möglich. | |
| BERLIN taz | Die meisten osteuropäischen Pflegehelferinnen in | |
| Privathaushalten haben keinen Anspruch auf einen Mindestlohn. Die | |
| Lohnuntergrenze für die Pflegebranche existiert seit August 2010. Sie soll | |
| dafür sorgen, dass Pflegekräfte im Westen mindestens 8,75 Euro, im Osten | |
| mindestens 7,75 Euro in der Stunde erhalten. | |
| Doch für Privathaushalte gelten eigene Regeln: Werden die Frauen direkt von | |
| einer Familie angestellt, greift die Lohnuntergrenze nicht, weil ein | |
| Privathaushalt per Gesetz nicht als Pflegebetrieb gilt. Die meisten Frauen | |
| arbeitet jedoch eh als Selbstständige – oder werden von Firmen mit Sitz in | |
| Osteuropa zum Arbeiten nach Deutschland entsandt. | |
| Dadurch entstehen neue Hürden für den Mindestlohn. Selbstständige, faktisch | |
| oft scheinselbstständig, haben per se keinen Anspruch auf ihn. Entsandte | |
| Arbeitskräfte eigentlich schon. „Doch der Mindestlohn wird oft dadurch | |
| unterlaufen, dass die Frauen von Entsendefirmen als Haushaltshilfen | |
| eingestellt werden“, sagt Margret Steffen, Pflegeexpertin bei der | |
| Gewerkschaft Ver.di. | |
| Haushaltshilfen dürfen nämlich seit 2009 auch „pflegerische Alltagshilfen“ | |
| wie Unterstützung beim An- und Auskleiden, bei der Körperpflege, beim Essen | |
| oder der Fortbewegung übernehmen, hat der Gesetzgeber bestimmt. „Die Grenze | |
| zwischen Pflege- und Haushaltshilfe verschwimmt zu Lasten der Frauen“, sagt | |
| Steffen. | |
| Die Familien hingegen sparen durch entsandte Arbeitskräfte oder | |
| Selbstständige viel Geld: Sozialabgaben fallen nur in Höhe der | |
| osteuropäischen Sätze oder gar nicht an, die Entlohnung der Frauen kann | |
| beliebig festgesetzt werden. Für die Arbeit einer privaten Pflegehilfe | |
| bezahlen Familien offiziell zwischen 1.200 und 1.800 Euro monatlich, viele | |
| aber auch weniger. | |
| Eine angemessene Entlohnung wäre für die meisten Familien nicht zu tragen: | |
| Bei einer Intensivbetreuung rund um die Uhr müssten mehrere Pflegerinnen | |
| eingesetzt werden. Das würde bei „guter Arbeit“ mindestens 10.000 Euro | |
| kosten, hat Ver.di errechnet. Staatliche Zuschüsse gibt es jedoch nicht. | |
| Denn die Pflegerinnen kommen nicht von einem in Deutschland anerkannten, | |
| zertifizierten Pflegedienst. | |
| 20 Apr 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Eva Völpel | |
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