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# taz.de -- Hype um Cloud-Dienste: Zurück zum Terminal?
> Clouds sind nicht besonders neu – wie in Urzeiten des Computers führen
> sie zur Zentralisierung im Netz und machen abhängig von Konzernen. Aber
> sie sind so praktisch.
Bild: Es muss nicht alles in der Mitte zusammenlaufen.
BERLIN taz | Es war eine der großen Visionen des Netzes: Die
Demokratisierung der Strukturen, jeder Rechner im Netz ist grundsätzlich
gleichberechtigt und jeder kann theoretisch alles tun.
Ob das der Betrieb eines Webservers, der Webseiten ausliefert, eines
Mailservers, der E-Mails empfängt und versendet oder ein beliebiger anderer
Dienst im Netz ist: All das sollte theoretisch jeder Computer im „Netz der
Netze" können. Die viel propagierten Cloud Services sind in gewisser Weise
ein Rückschritt: Sie führen zur Rezentralisierung.
In der Zeit der Großrechner gab es schon einmal diese Aufteilung: Das
Terminal war das, was dem Nutzer zur Verfügung stand und das mit dem
zentralen Großhirn, dem eigentlichen Rechner, verbunden war. Terminal war
selbst nur Bildschirm, die großen Leistungen erbrachte das Zentralhirn.
Das änderte sich mit der zunehmenden Leistungsfähigkeit der Computer: Das
Hirn des heimischen Rechners reichte für die meisten Aufgaben bald aus.
Doch das war für die meisten Menschen weit vor dem Netz.
## Drei Phasen
Drei Phasen lassen sich in der Netzhistorie grob identifizieren. Die Zeit
vor dem WWW, bis etwa zu Beginn der 1990er, ist die erste. Bevor Tim
Berners-Lee und weitere sich das http-Protokoll, die
HTML-Seitenbeschreibungssprache und die URL genannten Adressen ausdachten,
war das Netz eine Sache für Menschen mit technischer Affinität, Spieltrieb
und gewisser Leidensfähigkeit. Diese Erfindungen und die HTML-Browser
ergaben zusammen eine einfach verständliche Benutzeroberfläche für
jedermann, auch diejenigen, für die ihr Computer in erster Linie ein
Fenster zur Welt und kein Haus auf derselben ist.
Mit der Eroberung des Netzes durch technisch unbedarfte Nutzer, durch
kommerzielle Angebote und die wachsende Komplexität der im Netz
stattfindenden Anwendungen kam die zweite Phase in Gang: Plötzlich fanden
viele Anwendungen nicht mehr nah beim Nutzer statt, sondern auf den
Rechnern von Firmen – Webhoster wie Geocities boten Websites an, und
Freemailanbieter wie Hotmail E-Mailpostfächer. Früher lag dies vorrangig an
den Kosten: kaum jemand war „always on", also immer mit dem Netz verbunden.
Und ein zweites Argument sprach dagegen: Die Leitungen konnten kaum etwas
übertragen. Beides begünstigte, dass zentrale Angebote, bei denen der
Nutzer sich selbst um kaum etwas kümmern muss, populärer wurden als der
Serverbetrieb in eigener Regie. Parallel entstanden die heute noch gängigen
Modelle der Refinanzierung dieser Angebote: Entweder wird Werbung auf
Webseiten eingeblendet, auf denen die Nutzer solche Services in Anspruch
nehmen oder sie zahlen für von ihnen in Anspruch genommene Kapazitäten für
Server oder Mailadressen.
## Zentrale Plätze im Netz
Die dritte Phase hingegen wurde von einem Gedanken geprägt, der eng mit
einer spezifischen Eigenart des Netzes verknüpft ist: Es kann alles
zusammenbringen und schon dadurch Mehrwert schaffen. Wer einen Käufer für
ein altes Möbelstück sucht, möchte dafür einen möglichst hohen Preis
erzielen. Deshalb wird er es dort anbieten, wo er die meisten Interessenten
vermutet. Wer ein soziales Netzwerk nutzen möchte, geht dahin, wo die
meisten Freunde sind. Googles Analyse von menschlichen Klicks auf
Suchergebnisse macht die Suche des Anbieters für alle besser. Würde dieser
Effekt nicht durch dezentrale Strukturen leiden?
Tatsächlich haben die Computer in unseren Hosentaschen, die mancher als
Telefon bezeichnet, mehr Rechenpower als die meisten Webserver der 90er
Jahre. Und sie sind fast immer online. Warum also sollten wir uns jetzt
damit abfinden, wenn uns Google, Microsoft und andere mit ihren
Geschäftsmodellen in die von ihnen geschaffenen Zentralrechnerverbünde
locken wollen?
Es sind praktische Vorteile: Wir müssen uns weniger um lokale
Infrastrukturwartung kümmern, können Dateien einfacher teilen. Wir machen
uns dafür aber abhängig von Dritten, auf die wir kaum Einfluss haben. Doch
was bis heute fehlt, sind die Alternativen. Wo sind die kleinen
Out-of-the-Box-Lösungen, die sich die Langeweile der Chips in meiner
Hosentasche zunutze machen und kleine virtuelle Netze über das Internet
ermöglichen, in denen wir das Gleiche tun könnten, wie in den Cloudservices
der Großkonzerne?
28 Apr 2012
## AUTOREN
Falk Lüke
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