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# taz.de -- Das Scheitern der Berlin-Biennale: Unmittelbar unnütz
> Kitsch, Handarbeiten für die Bewegung und verunglückte Symbole: Die 7.
> Berlin-Biennale ist gescheitert und hat die politische Kunst
> diskreditiert. Symptomatisch!
Bild: Empört hat man sich über die Biennale: Wegen ihrer platten politischen …
Schwamm drüber. Mehr als 150 Biennalen gibt es auf der Welt. Da darf auch
eine mal schiefgehen. Das wird sich vielleicht mancher gedacht haben,
nachdem er das Desaster namens 7. Berlin-Biennale besichtigt hatte. Obwohl
es fast körperlich wehtat, anzusehen, wie gründlich es Artur Zmijewski und
seinen „Kuratoren“ gelungen ist, die politische Kunst zu diskreditieren.
Zwei Jahre hatten sie Zeit, 2,5 Millionen Euro standen zur Verfügung. Und
dann dieses Sammelsurium aus Kitsch, Handarbeiten für die Bewegung und
verunglückten Symbolen. Man muss lange zurückdenken in der nicht allzu
langen Geschichte der Biennalen, um sich an eine schlechtere Ausgabe dieses
noch jungen Kunstformats zu erinnern. Mit der absurden Folge, dass
ausgerechnet das kommerzielle Gallery Weekend die interessantere,
intelligentere und qualitätsvollere politische Kunst präsentierte.
Die Sache wäre vielleicht noch zu verschmerzen, wenn sich in dem Vorgang
nicht ein altes Problem neu Bahn bräche: das gestörte Verhältnis vieler
Linker zur Ästhetik. Die Art und Weise, wie die Biennale-Macher die Kunst
pauschal für politisch unzurechnungsfähig erklärten, ist nicht nur
geschichtsblind. In der Berliner Ausstellung „Baumeister der Revolution“
hätten sie studieren können, dass man mit dem Lernverhältnis von Kunst und
Politik schon mal weiter war, so wie sich Avantgarde und Politik in der
Frühphase der Russischen Revolution wechselseitig befruchteten.
## Alte linke Abwehr
In den Tiraden der Biennale-Macher gegen den Kunstgenuss und zweckfreie
Objekte kam aber auch eine alte linke Abwehr zum Vorschein: gegenüber einer
Ästhetik, die mehr ist als unmittelbar nützlich oder illustrativ. So wie
Zmijewski die Kunst symbolisch dem Diktat der Politik in Gestalt der
Occupy-Demonstranten unterwarf, war man drauf und dran, sich Jonathan
Meeses ominöser „Diktatur der Kunst“ zu unterwerfen.
Die Frage nach einer zeitgemäßen politischen Ästhetik ist aktueller denn
je. Und dann wird in Berlin die Plattform zum „Action Space“
umfunktioniert, auf der die Kunst eigentlich die Fähigkeiten demonstrieren
soll, ohne die es keine bessere Gesellschaft gibt: gestalten, entwerfen,
neue, andere, nie gesehene Formen finden. Es kommt gar nicht drauf an, was
die Kunst darstellt, sondern dass sie gut, also komplex, schwierig,
ungewohnt ist. Anders gesagt: Je schöner Kunst ist, um so politischer ist
sie.
29 Apr 2012
## AUTOREN
Ingo Arend
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