# taz.de -- Film-Musical „Die Liebenden“: Rauchend in Paris | |
> Christophe Honorés „Die Liebenden“ ist eine Reminiszenz an die | |
> Leichtigkeit der Sechziger. Das Film-Musical vereint Pathos und | |
> Wahrhaftigkeit. | |
Bild: Es ist eine schöne Idee, Deneuves wirkliche Tochter Chiara Mastroianni a… | |
In knallbunten Schuhen präsentiert sich das Paris der sechziger Jahre. | |
Natürlich dürfen in diesem verheißungsvollen Aufmarsch die roten | |
Stöckelschuhe nicht fehlen, die auf der Leinwand stets die Fährten der | |
Verführung legen. Die wasserstoffblonde Schuhverkäuferin Madeleine | |
(Ludivine Sagnier) stopft sie lieber heimlich unter ihren Rock, als dass | |
sie die Prachtexemplare ins Regal stellt. | |
Dieser Diebstahl bringt in Christophe Honorés Film „Die Liebenden“ eine | |
Handlung in Gang, die sich über zwei Generationen erstreckt. Eine | |
Geschichte, in der sich die Liebe ihre sehr eigenen Wege sucht und die sich | |
ganz beiläufig auch für das Zeitgeschehen öffnet. Wenn die Heldinnen und | |
Helden Trost suchen, greifen sie zum Chanson. | |
Christoph Honoré steigt auch mit seinem neuen Film in die Fußstapfen von | |
Jacques Demy. Er zeigt mit wunderbarer Leichtigkeit, wie man dem | |
Musicalgenre ernsthafte Facetten abgewinnen kann. Melodram und | |
Wahrhaftigkeit, Pathos und Wirklichkeit schließen in diesem Liebesreigen | |
einander nicht aus, sondern laden zu einer Achterbahn der Gefühle ein, die | |
immer in Richtung Abgrund saust. | |
## Breite Trottoirs | |
Zu Beginn dreht Honoré die Zeit zurück, nimmt uns mit in ein | |
Bilderbuch-Paris voll schöner Menschen und breiter Trottoirs, zeigt, wie | |
die junge Madeleine mit ihren roten Schuhen auf den Strich geht. Diese | |
Rückblende wird ihre Tochter Vera (Chiara Mastroianni) kommentieren, in | |
aller Selbstverständlichkeit von einer Mutter erzählen, die als Mädchen als | |
Gelegenheitsprostituierte arbeitete, um sich schöne Dinge leisten zu | |
können. | |
Die in die Jahre gekommene, von Catherine Deneuve gespielte Madeleine lässt | |
die Zuschauer wiederum wissen, dass die Zeiten damals eben toleranter | |
gewesen seien. Eines Tages verliebt sich die lebensfrohe Madeleine in einen | |
ihrer Freier, einen Arzt aus Prag, der sie mit in das fremde Land nimmt. | |
Dessen amourösen Eskapaden und der Einmarsch der Russen lassen sie mit der | |
kleinen Tochter wieder nach Paris gehen. | |
Was bleibt, ist eine lebenslange Amour fou. Madeleine wird wieder heiraten, | |
doch den Vater der gemeinsamen Tochter über Jahrzehnte hinweg in einem | |
Hotel treffen. „I can’t live without loving you“ – Deneuves Madeleine | |
scheint zu wissen, wovon sie singt, wenn sie mit einem roten Ledermantel | |
rauchend durch das nächtliche Paris spaziert. | |
## Deneuves Filmografie | |
Natürlich schwingt sie in diesem Moment mit, die gesamte Filmografie der | |
Deneuve mit ihren vielen gelebten und ungelebten Lieben. Und natürlich ist | |
es eine schöne Idee, ihre wirkliche Tochter Chiara Mastroianni als | |
Filmtochter zu besetzen. Die Innigkeit ist einfach da, wenn Deneuves | |
Madeleine den Arm um ihre liebeskranke Tochter Vera legt, denn diese hat | |
ihren Hang für unmögliche Lieben geerbt. Sie verliebt sich in einen | |
schwulen Drummer. | |
Es wird immer mehr ihr Film. Verloren tanzt Vera in einem Club, wird zum | |
Objekt der Begierde, von einem Mann zum anderen getragen. In diesem Moment | |
wird, wie es sich nun mal für ein Musical gehört, Motion zu Emotion, und | |
über der Tanzfläche schwebt eine Sehnsucht nach Liebe. | |
## Die Liebenden - von der Last, glücklich zu sein". Regie: Christophe | |
Honoré. Mit Catherine Deneuve, Chiara Mastroianni u. a. Frankreich u. a. | |
2011, 135 Min. | |
2 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Anke Leweke | |
## TAGS | |
Spielfilm | |
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