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# taz.de -- Kommentar AKW in Litauen: Der strahlende Wahnsinn
> Litauen will ein AKW bauen – um unabhängig zu werden. Doch die nächsten
> Generationen stehen nicht nur mit dem strahlenden Erbe, sondern auch mit
> den Schulden da.
Gäbe es einen Preis für die unsinnigste Energiepolitik Europas – die
derzeit in Litauen Regierenden wären ein kaum zu schlagender Anwärter.
„Unabhängigkeit“ ist das einzige Argument, warum das
3-Millionen-Einwohner-Land ein AKW brauchen soll. Unabhängig werden von
russischem Erdgas. Um damit für die nächsten 60 Jahre abhängig zu werden
von Atomstrom, statt auf einen breiten Fächer unterschiedlicher
Energiequellen zu setzen.
Was in Sachen AKW-Bau Finnland kann, das können wir auch, sagt Vilnius. Und
„vergisst“ wohlweislich, dass die Investoren in das letzte
AKW-Neubauprojekt in Skandinavien vergleichsweise ein Sechzigstel des
jährlichen Bruttosozialprodukts locker machen mussten.
Im viertärmsten EU-Land, in Litauen, wären es aber entsprechend ein
Sechstel. Mindestens. Litauen müsste sich massiv verschulden. Bei den
Ratingagenturen wird das Land schon jetzt nur knapp über Ungarn und
Portugal eingestuft. Zinsen für Kredite würden also saftig werden. Und die
nächsten Generationen stehen neben dem strahlenden Erbe auch mit den
Schulden da.
Dabei wird das Land nicht einmal mit der Hinterlassenschaft des
stillgelegten AKW Ignalina fertig. Man muss sich dessen Abriss von der EU
finanzieren lassen. Doch der Bevölkerung wird weisgemacht, neuer Atomstrom
werde nicht viel teurer sein als der aus dem von Moskau übernommene
Altreaktor.
Unabhängige Experten rechnen mit einem vier- bis fünffach höheren
Preisniveau für neu produzierten Atomstrom. Und mit der japanischen Firma
Hitachi entscheidet sich Vilnius für einen Lieferanten, dessen Reaktoren –
solange sie in Japan am Netz waren – durch besonders niedrigen Wirkungsgrad
auffielen. Aber es blieb keine Wahl. Trotz zweimaliger Ausschreibung will
kein anderer Lieferant Litauen ein AKW bauen.
Ob die nun stärker werdende Anti-AKW-Bewegung den Wahnsinn noch stoppen
kann? Übertriebene Hoffnungen darf man sich nicht machen.
7 May 2012
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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