# taz.de -- Erfolgsprämie für Verbraucherklagen: Bund kassiert risikofrei | |
> Wenn Verbraucherschützer Unternehmen verklagen, tragen sie das Risiko. | |
> Bußgelder aber erhält der Staat. Das soll sich ändern – seit zwei Jahren | |
> schon. | |
Bild: Die Kartellabsprachen bei Reinigungern wurden von Verbraucherschützern a… | |
BERLIN taz | Ende vergangenen Jahres verhängte das Bundeskartellamt ein | |
Bußgeld von 24 Millionen Euro gegen zwei Hersteller von Reinigungsmitteln. | |
Ein großer Erfolg für die Verbraucherschützer, doch das Geld wanderte in | |
den allgemeinen Haushalt. | |
Die Firmen hatten die Preise von Spülmaschinentabs, Waschmittelzusätzen und | |
Allzweckreinigern in mehreren Fällen abgesprochen. „Die Zeche zahlte der | |
Verbraucher“, sagte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, | |
damals. | |
Verbraucherschützer klagen seit langem: Wenn Unternehmen zahlen müssen, | |
weil das Kartellamt oder auch Verbraucherverbände unrechtmäßige Tätigkeiten | |
aufgedeckt haben, dann landet das Geld in der Staatskasse. Falls der | |
Verbraucherverband aber vor Gericht unterliegt, trägt er den finanziellen | |
Schaden allein. Entsprechend niedrig ist der Anreiz, gegen Unternehmen | |
vorzugehen. Denn viele Verfahren bedeuten vor allem ein hohes finanzielles | |
Risiko. | |
Die Verbraucherschutzminister der Länder wollen das ändern. Auf einer | |
Konferenz vor anderthalb Jahren beschlossen sie daher einstimmig: „Die | |
durch die Kartellbehörden erhobenen Bußgelder sind ganz oder zumindest | |
teilweise der Verbraucherarbeit zuzuführen.“ Und: „Das Prozessrisiko der | |
Verbraucherverbände“ soll reduziert werden, indem abgeschöpfte Gewinne in | |
einen Fonds fließen und nicht in den Haushalt. | |
## Unabhängigkeit für den Verbraucherschutz | |
Rückenwind gibt den Verbraucherschutzministern dabei ein aktuelles | |
Gutachten im Auftrag des grün geführten Verbraucherministeriums in | |
Nordrhein-Westfalen. Der Konstanzer Professor Karl-Heinz Fezer schlägt | |
darin Folgendes vor: Der Bund soll ein Sondervermögen einrichten, das nur | |
für die Verbraucherarbeit genutzt wird. In dieses Sondervermögen sollten | |
ein Teil der Kartellbußen einfließen, ebenso wie Erlöse aus den Verfahren | |
der Verbraucherzentralen. | |
„Damit ließe sich eine stärkere Unabhängigkeit für die Verbraucherarbeit | |
erreichen“, begründet Fezer seinen Vorschlag. Momentan kommt der Großteil | |
der Mittel aus den Haushalten des Bundes und der Länder, dazu kommen in | |
geringerem Umfang Projektmittel, Mitgliedsbeiträge oder auch Einnahmen aus | |
Beratungen. Ein Sondervermögen würde die Arbeit unabhängiger machen von | |
Kürzungen und stärker auf die Eigenverantwortung der Verbände setzen. | |
Fezer schätzt, dass im Schnitt 50 Millionen jährlich zusammenkommen könnten | |
– etwas schwankend, je nach Aktivität der Verbraucherarbeit. Fezer schlägt | |
vor, dass das Sondervermögen auch offen sein soll für Anträge kleinerer | |
Projekte. Damit könnten beispielsweise Bereiche unterstützt werden, in | |
denen die großen Verbraucherorganisationen nicht tätig sind. | |
## Stiftungsmodell als Option | |
Eine weitere Idee, die Verbraucherarbeit finanziell besser zu stellen, das | |
Stiftungsmodell, sieht Fezer derweil kritisch. Dabei werde ein Teil des | |
Vermögens wieder von Verwaltungskosten aufgefressen – das sei bei einem | |
Sondervermögen nicht der Fall. Das nordrhein-westfälische Umweltministerium | |
wollte sich noch nicht näher zu den Ideen äußern. Man befinde sich gerade | |
im Abstimmungsprozess. | |
Die Bundesregierung ist allerdings gegen die Pläne der Länderminister. Das | |
Justiz- und Wirtschaftsministerium hatten sie stets abgelehnt. Auch jetzt | |
teilte ein Sprecher des Verbraucherschutzministeriums mit: Man habe sich | |
darauf geeinigt, die Finanzierung nicht zu ändern. | |
7 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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