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# taz.de -- Feindbild der Flüchtlingsinitiativen: Abgeschoben an den Schreibti…
> Der Leiter der Hamburger Ausländerbehörde, Ralph Bornhöft, wird abgelöst.
> Der Hardliner steht einer humaneren Flüchtlingspolitik in der Hansestadt
> im Weg.
Bild: Feindbild von Flüchtlingsinitiativen: Ralph Bornhöft, Leiter der Hambur…
HAMBURG taz | Der Chef der Hamburger Ausländerbehörde wird abgelöst. Nach
zwei Jahrzehnten als Leiter des Einwohner-Zentralamtes wird Ralph Bornhöft
versetzt. Zum 1. Juli wechselt er auf einen Schreibtischposten in das Amt
für Innere Verwaltung der Hamburger Innenbehörde. Das hat nach
Informationen der taz.nord Innensenator Michael Neumann (SPD) entschieden.
Die Amtsleitung soll öffentlich ausgeschrieben werden.
Der 58-jährige Bornhöft ist wegen seiner harten Haltung in Abschiebefragen
seit langem ein Feindbild von Flüchtlingsinitiativen und kirchlichen
Beratungsstellen. Schon zu Zeiten des rot-grünen Senats 1997 bis 2001 hatte
das zu massiven Belastungen der Koalition geführt.
Unter den nachfolgenden Innensenatoren Ronald Schill (Schill-Partei), Udo
Nagel (parteilos) und Christoph Ahlhaus (CDU) war Bornhöft hingegen wohl
gelitten. Zusammen mit Nagel startete er 2005 die bundesweit ersten
„Rückführungen“ nach Afghanistan. Die angekündigte „schnellstmögliche…
komplette Rückführung aller ausreisepflichtigen Flüchtlinge“ wurde indes
wegen des Bürgerkriegs am Hindukusch rasch wieder abgebrochen.
Ausgerechnet der seit Ende März vorigen Jahres amtierende SPD-Innensenator
Neumann lässt seinen Parteigenossen nun versetzen. Der Oberleutnant d. R.
gilt als Parteirechter, im SPD-Kreis Hamburg-Mitte ist er Stellvertreter
des umstrittenen Vorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs,
den SPD-Linke für manche dunklen Umtriebe in der Partei verantwortlich
machen. Bornhöft hingegen ist seit Jahren Vorstandsmitglied und
Schatzmeister im als links geltenden SPD-Kreis Hamburg-Nord. In der
Chefetage der Behörde jedoch gilt er als „verbitterter Hardliner“, der
einer humaneren Ausländerpolitik in Hamburg entgegensteht.
Neumann ist mit der türkischstämmigen Hamburger Bundestagsabgeordneten und
stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden Aydan Özoguz verheiratet. In
seinem ersten Interview nach Amtsantritt in der taz hatte er beteuert, er
wolle „gewiss nicht Abschiebeweltmeister“ werden: „Wo es Ermessenspielrä…
gibt, wird in jedem Einzelfall geprüft, wie eine vernünftige Lösung
gefunden werden kann.“
Einer dieser Fälle, der zum Zerwürfnis zwischen Senator und Amtsleiter
führte, war der des 19-jährige Saikou C. Im April 2011 wurde der gebürtige
Gambier kurz vor seinem Schulabschluss in Abschiebehaft genommen, als er in
der Ausländerbehörde seine Duldung verlängern wollte. Gegen den Widerstand
Bornhöfts, der formal „remonstrierte“ – also seine Ablehnung einer Weisu…
von oben aktenkundig machte – durfte C. dann doch in Hamburg bleiben – und
am 31. Juli im DFB-Fußballpokal mit den Amateurkickern des Eimsbütteler
Turnverbands gegen den Zweitligisten Greuther Fürth 0:10 verlieren.
Dennoch beklagen Kirchen und Nichtregierungsorganisationen auch unter dem
SPD-Senat „menschliche Härten bei Abschiebungen“, so deren
Abschiebebeobachterin Astrid Schukat in ihrem Mitte August 2011 vorgelegten
Bericht. Krankheiten der Abzuschiebenden fänden zu wenig Beachtung,
Familien würden getrennt oder gut integrierte Menschen von den
verantwortlichen Ausländerbehörden ausgewiesen, so der Bericht.
So lehnt auch Neumann trotz seiner Ankündigung einer liberaleren
Flüchtlingspolitik einen Abschiebestopp für Roma und Sinti nach Serbien,
Mazedonien und in das Kosovo ab und wurde dafür auch von der
Flüchtlingspastorin der Evangelischen Kirche in Hamburg, Fanny Dethloff,
kritisiert. Andererseits starteten Neumann und SPD-Bürgermeister Olaf
Scholz Ende 2011 eine Einbürgerungskampagne für verdiente ausländische
MitbürgerInnen. Die erste Urkunde über seine deutsche Staatsbürgerschaft
überreichte Bornhöft am 9. März 2012 – an einen seit 30 Jahren in Hamburg
lebenden Schweden.
9 May 2012
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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Kommentar Hamburger Ausländerpolitik: Kurswechsel ist notwendig
Die Versetzung des Chef-Abschiebers Ralph Bornhöft ist eine gute Nachricht.
Aber es reicht nicht, einen Schuldigen zu opfern, wenn es nicht auch einen
Politikwechsel gibt.
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