# taz.de -- Debatte im Bundestag: Die ganze Welt ist Düsseldorf | |
> Offiziell tagt das Parlament zum G-8-Gipfel und zum Nato-Treffen. Doch | |
> fast alle Redner ergehen sich in Anspielungen auf Nordrhein-Westfalen. | |
> Wahlkampf? Ach wo. | |
Bild: Die einzige, die nicht auf NRW anspielt: Bundeskanzlerin Merkel. | |
BERLIN taz | Manchmal gibt es im Bundestag zwei Tagesordnungen. Eine | |
offizielle, die Punkt für Punkt feststeht. Und eine inoffizielle. | |
Eigentlich soll das Parlament am Donnerstag über den G-8-Gipfel und das | |
Nato-Treffen debattieren, eine Regierungserklärung der Kanzlerin ist | |
geplant, zu Klimawandel, Wachstum und Sicherheit. Doch statt | |
internationaler Politik widmen sich fast alle Redner dem entscheidenden | |
Thema. Und das heißt Nordrhein-Westfalen. | |
Zunächst hangelt sich Angela Merkel etwas lustlos durch ihre | |
Regierungserklärung. Sie redet über dies und das, mäandert von der | |
Schuldenkrise über Afghanistan zur Nato-Raketenabwehr. Aber anders als | |
Oppositionsstrategen angesichts einer Regierungserklärung kurz vor dem | |
Wahltermin gemutmaßt hatten, erlaubt sie sich keine einzige Anspielung auf | |
NRW. | |
Das Wichtigste hatte Merkel vorab geklärt: Wahlkämpfer Norbert Röttgen, der | |
seine sich abzeichnende Niederlage zur Abstimmung über Merkels Europa-Kurs | |
umdeklariert hatte, leistete öffentlich Abbitte. Und behauptete in der Welt | |
das Gegenteil – Merkels Kurs stehe nicht zur Abstimmung, sondern der | |
Schuldenkurs von Kraft. Wenn Röttgen jetzt verliert, verliert er allein. | |
Die Opposition nutzt dann die Gelegenheit, um den Plenarsaal komplett nach | |
Düsseldorf zu verlegen. Und übt Grundsatzkritik. SPD-Fraktionschef | |
Frank-Walter Steinmeier wirft Merkels Regierung vor, ihre drei Jahre | |
vertändelt zu haben. „Sie haben von nichts als der Substanz gelebt. Die | |
Stärke des Landes hat nichts mit der Regierung zu tun.“ Damit spielt er auf | |
die Regierungsjahre von Rot-Grün samt der Hartz-Reformen im Bund an, | |
wissend, dass nicht wenige Abgeordnete in seiner Fraktion sich nach einer | |
linkeren Profilierung sehnen. Steinmeiers Fazit: „Das Spiel geht zu Ende, | |
und das wissen Sie genau, Frau Merkel.“ | |
## Ein Merkel'sches Gesetz | |
Für die Grünen erfindet Fraktionschef Jürgen Trittin ein Merkel’sches | |
Gesetz: „Wer als Wahlkämpfer von Ihnen unterstützt wird, wird abgewählt – | |
Jost de Jager, Sarkozy, Röttgen hat das noch vor sich“, lästert er mit | |
Blick auf Schleswig-Holstein und NRW. Und streut wahlkämpferisch Details | |
ein: Während Merkel die Staatsverschuldungsquote hochgetrieben habe, habe | |
Rot-Grün in NRW die Neuverschuldung halbiert. | |
Wenig später redet dann noch die Grünen-Spitzenkandidatin und | |
Schulministerin in NRW, Sylvia Löhrmann. Die Fraktion hat zufällig in | |
dieser Plenarsitzung einen Antrag zu ihrem Lieblingsthema – dem | |
Kooperationsverbot – eingebracht. Und Löhrmann als Bundesratsmitglied um | |
eine Rede gebeten. Wahlkampf? Ach wo, sagt eine Fraktionssprecherin. „Das | |
wäre ja fatal.“ | |
10 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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