# taz.de -- Dänen-Partei: Zünglein an der Waage | |
> Anfangs wollte die Partei der dänischen Minderheit die Wiedervereinigung | |
> mit Dänemark, ab den 70er-Jahren war sie für alle Themen offen. | |
Bild: Seit 1996 für den SSW im Kieler Landtag: Anke Spoorendonk. | |
HAMBURG | taz Nichts wie raus aus dem Land der Kriegsverbrecher und | |
Kriegsverlierer: Für den Südschleswigschen Wählerverband, der sich 1948 auf | |
Anordnung der britischen Militärregierung gründete, stand das Ziel obenan, | |
Südschleswig wieder zu einem Teil Dänemarks zu machen. Im 1947 gewählten | |
ersten Nachkriegs-Landtag saßen bereits sechs Abgeordnete der Minderheit, | |
auch bei folgenden Kommunalwahlen waren die Vertreter der Dänen und bald | |
auch der Friesen in ihrem Kerngebiet an der dänischen Grenze erfolgreich. | |
1949 brachte die Partei sogar einen Abgeordneten in den Bundestag. | |
Ab den 50er-Jahren verschwand die Idee der Wiedervereinigung mit dem | |
Königreich. Allmählich sanken auch die Stimmen für den SSW, der in Gefahr | |
geriet, an der Fünf-Prozent-Klausel zu scheitern. Denn die Regionalpartei | |
trat nur nördlich der Eider an, musste sich aber mit den landesweiten | |
Parteien messen. In der Bonn-Kopenhagener-Erklärung von 1955 wurde der SSW | |
von der Klausel befreit. Damit hängt die Frage zusammen, die im Zug der | |
„Dänenampel“-Verhandlungen immer wieder auftaucht: Gilt die alte Regelung | |
noch, obwohl der SSW inzwischen landesweit als Regionalpartei für ganz | |
Schleswig-Holstein auftritt? Die CDU hat aber bereits angekündigt, | |
gerichtlich nicht dagegen vorgehen zu wollen. | |
In den ersten Jahrzehnten ging es dem SSW praktisch ausschließlich um | |
Minderheitenpolitik, so schätzt es jedenfalls die Partei selbst in einem | |
historischen Rückblick ein. Erst Karl Otto Meyer, der von 1971 bis 1996 als | |
Ein-Mann-Fraktion im Landtag saß, öffnete das Themenspektrum. Nach der | |
Barschel-Affäre weigerte er sich, für die CDU-FDP-Koalition zu stimmen – | |
angesichts des Patts im Landtag gab es Neuwahlen, die Björn Engholm gewann. | |
Meyer handelte sich einen Wutausbruch des bayrischen Ministerpräsidenten | |
Franz Josef Strauß ein: „Sollen Dänen Deutschland regieren?“, tobte der | |
CSU-Mann. | |
Seit 1996 vertritt Anke Spoorendonk den SSW im Landtag. Dank | |
Stimmenanteilen von über vier Prozent konnten seither immer weitere | |
Abgeordnete einziehen, zuletzt erreichte der SSW dank Ausgleichsmandaten | |
mit vier Personen fast Fraktionsstärke. Nun haben drei | |
Minderheitenvertreter den Sprung in den Landtag geschafft – und Lars Harms, | |
Friese, studierter Betriebswirtschaftler und ehemaliger Leiter der | |
Tourist-Information Heide, könnte der erste SSW-Minister werden. EST | |
11 May 2012 | |
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