| # taz.de -- 77. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Der Prozess ist unterbrochen | |
| > Ein erneuter Befangenheitsantrag der Verteidigung führt erstmals zum | |
| > Abbruch der Verhandlung. Die Anwälte der beiden Angeklagten monieren | |
| > Weitergabe von Beweismitteln an die UN. | |
| Bild: Unter dem baden-württembergischen Landeswappen in Schwarz an der weißve… | |
| STUTTGART taz | Die Hauptverhandlung gegen FDLR-Präsident Ignace | |
| Murwanashyaka und seinen Stellvertreter Straton Musoni vor dem | |
| Oberlandesgericht Stuttgart ist bis auf weiteres ausgesetzt. Erstmals | |
| führte am 14. Mai ein Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen den | |
| gesamten Senat dazu, dass der Vorsitzende Richter Hettich entschied, | |
| zunächst nicht weiterzuverhandeln. Der Verhandlungstag 16. Mai wurde heute | |
| aufgehoben. Wann weiterverhandelt wird, blieb zunächst offen. | |
| Bisher war bei Befangenheitsanträgen der Verteidigung gegen die Richter | |
| immer unter Vorbehalt weiterverhandelt worden, während eine andere Kammer | |
| den Antrag prüfte und auch jedesmal ablehnte. Diesmal ist es anders: | |
| Weiterverhandelt kann laut Strafprozessordnung nur, wenn „unaufschiebbare“ | |
| Dinge anstehen, was derzeit mangels bereits geplanter Zeugenauftritte aus | |
| Ruanda nicht der Fall ist. | |
| Die Anwälte begründen ihren Vorwurf der „Voreingenommenheit“ gegen die | |
| Richter damit, dass diese vergangenes Jahr zugesagt haben sollen, der | |
| UN-Expertengruppe, die für die Überwachung internationaler Sanktionen gegen | |
| die FDLR-Führung und andere im Ostkongo aktiven Milizen zuständig ist, | |
| Beweismittel zukommen zu lassen - obwohl UN-Zeugen, darunter frühere | |
| Mitglieder der Expertengruppe, vom OLK Stuttgart als Zeugen geladen worden | |
| sind und im Juli erst noch auftreten sollen. | |
| Am 17. August 2011, so Anwältin Ricarda Lang, bat die UN-Expertengruppe in | |
| Vorbereitung ihres nächsten Untersuchungsberichts die Bundesanwaltschaft um | |
| Vernehmungsprotokolle von Murwanashyaka und Musoni sowie mögliche | |
| Kommunikation der beiden mit dem im Kongo residierenden FDLR-Militärchef | |
| Sylvestre Mudacumura. Die Bundesanwaltschaft leitete dies dem 5. Strafsenat | |
| in Stuttgart weiter, der seit Mai die Verhandlung gegen die beiden | |
| FDLR-Chefs führt, mit der Empfehlung, drei SMS-Nachrichten und eine E-Mail | |
| an die Experten weiterzugeben. Deutschland sei hierzu verpflichtet. | |
| Der Senat stimmte dem, so Anwältin Lang weiter, am 22. Dezember zu. Die von | |
| den UN-Experten gewünschten Vernehmungsprotokolle allerdings gibt es gar | |
| nicht, da die beiden Angeklagten bisher die Aussage verweigert haben und im | |
| Falle einer Aussage auch kein solches Protokoll angefertigt werde. | |
| Die Verteidigung moniert, dass die fraglichen Textnachrichten und die | |
| E-Mail noch gar nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien. | |
| Außerdem sei der zitierte Schriftwechsel der Verteidigung bisher unbekannt | |
| geblieben; es bestehe der Verdacht, dass der Senat mehrfach Schriftstücke | |
| erst verspätet in die Akte einfüge und eine „geheime Aktenführung“ | |
| betreibe. Für die Herausgabe der Beweismittel an die UNO gebe es außerdem | |
| keine Rechtsgrundlage und keine völkerrechtliche Verpflichtung. | |
| Der Senat verfügt über einen Ersatzrichter, der bei Ablehnung eines | |
| Richters einspringen kann. Sollte mehr als ein Richter abgelehnt werden, | |
| muss der Prozess neu aufgerollt werden. | |
| 15 May 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| B. Schmolze | |
| D. Johnson | |
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