# taz.de -- Kommentar Entlassung Röttgen: Macheten-Mutti | |
> Norbert Röttgen war Umweltminister der Republik und nicht der CDU. Angela | |
> Merkel missbraucht mit der Entlassung ein Regierungsamt für eine | |
> Parteisache. | |
Angela Merkel begeht bei Norbert Röttgens Entlassung zwei schwere | |
Pflichtverletzungen. Erstens: Sie schmeißt einen Minister raus, ohne eine | |
Begründung zu geben. In ihrem anderthalbminütigen Eiszapfen-Statement | |
kommen NRW und Landtagswahl nicht vor, sie erwähnt die Energiewende und | |
dass Röttgen sie mit angeschoben habe. So what? | |
Besinnungslos bis beflissen stürzt sich die politische cloud auf | |
Mutmaßungen, Naheliegendes, Durchstechereien und schiere Gerüchte. Die | |
Kanzlerin feuert einen Minister, das Nähere regelt die Gosse. Zweitens: Die | |
Kanzlerin feuert einen Minister, wo die CDU-Vorsitzende einen gescheiterten | |
Landtagskandidaten abzuwickeln hat. | |
Röttgen war Umweltminister der Republik, nicht der CDU. Die Ämter der | |
Bundesregierung sind nicht die Lohntüten für Parteisoldaten. Merkel | |
missbraucht ein Regierungsamt für eine Parteisache. Röttgen nahm seine | |
Ironie, die CDU entscheide „bedauerlicherweise“ nicht direkt über Vergabe | |
von politischen Ämtern, sofort zurück. | |
## Loser vom Dienst | |
Was ihm nichts mehr half, er hatte da schon das | |
Rudolf-Scharping-Berti-Vogts-Gedächtnis-Zettelchen auf die Stirn gepappt | |
bekommen: Loser vom Dienst. Umgekehrt Merkel: sie entscheidet als | |
CDU-Chefin und aus Unionsräson über Staatsämter. Und bedauert dabei mal gar | |
nichts, völlig ironiefrei. Merkel wird als Macheten-Mutti rezipiert. Dabei | |
ist es Missbrauch von Verfassungsgut. | |
Röttgen hätte hinschmeißen können, als Merkel den rot-grünen Atomausstieg | |
stiefmütterlich verschleppte. Röttgen hätte zurücktreten müssen, als Merkel | |
die Laufzeiten unter allerhand Lobbydruck verlängerte. Doch ihr | |
vermeintlich Klügster erwies sich als ihr Geschmeidigster und notierte | |
flugs, ein Atomausstieg sei nur europaweit zu machen, habe für Deutschland | |
allein keinen Sinn. | |
Dann, ein Fukushima später, machte Merkel den Atomausstieg allein, und | |
Röttgens Meinungsslalom war blamiert – Rücktrittsgelegenheit Nummer drei. | |
Ein anderer Norbert – Kohls niedlichster, also Blüm – war 12 Jahre | |
Landesvorsitzender der CDU in NRW. Mit ihm verlor die CDU nicht eine, | |
sondern alle Wahlen in NRW. | |
## Brutalsmöglichstes Machtkalkül | |
Man muss Blüm und sein politisches Werk nicht schätzen, um doch zuzugeben: | |
Es gibt offenkundig keine Zwang, Wahlverlierer aus Düsseldorf aus dem | |
Bundeskabinett zu schmeißen. Blüm wurde der einzige Minister, der die ganze | |
Amtszeit Kohls überstand. | |
Merkel verlangt selbstentblößenden Opportunismus, und wo sie ihn bekommt, | |
honoriert sie ihn mit Kälte und brutalstmöglichem Machtkalkül. Die | |
Kanzlerin bleibt uns eine Begründung für Röttgens Entlassung schuldig, und | |
die CDU – Vorsitzende eine Entschuldigung für den Missbrauch von | |
Staatsämtern. | |
In Merkels Universum überleben Anpasser mit begrenzter Laufzeit. Das ist | |
eine Auswahl der Schlechtesten. Hört auf, „Mutti“ zu verklären. Sie schad… | |
der Demokratie. | |
17 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Friedrich Küppersbusch | |
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