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# taz.de -- Integrationsbeauftragte Maria Böhmer: Die Parteisoldatin
> Staatsministerin Maria Böhmer lädt zur Bundeskonferenz aller
> Integrations- und Ausländerbeauftragten in Wiesbaden. Wer ist die Frau
> eigentlich?
Bild: Trägt sogar die gleichen Blazer wie Merkel: Maria Böhmer.
Besucht man die Webseite der Bundesintegrationsbeauftragten, findet man
viele Fotos von Maria Böhmer. Mal präsentiert sie mit einem Staatssekretär
einen „Integrationsbericht“. Mal stellt sie Seit an Seit mit dem Chef der
Bundesagentur für Arbeit einen „Empfehlungskatalog“ vor. Oder sie wird von
zwei Migrantenvertretern flankiert, die eine Studie verfasst haben.
Fast immer hält Maria Böhmer irgendein Stück Papier in die Kamera – als
würde sie Integration für einen sportlichen Wettbewerb halten, in dem es
darum geht, möglichst viele Urkunden zu sammeln.
Fast sieben Jahre hat Maria Böhmer ihren Job schon inne; sie ist länger im
Amt als die meisten Minister. Doch den meisten Bundesbürgern ist sie kein
Begriff. Das liegt daran, dass sich die Staatsministerin konsequent hinter
Angela Merkel versteckt, in deren Kanzleramt ihr Büro angesiedelt ist.
Böhmers Identifikation mit ihrer Chefin geht so weit, dass sie sogar die
gleichen Blazer wie Merkel trägt. Entweder sie kaufen beim selben
Ausstatter ein – oder sie teilen sich im Kanzleramt sogar denselben
Schrank.
## Kein eigenes Profil
Weil Böhmer bislang kaum je aus dem Schatten der Kanzlerin getreten ist,
konnte sie in ihrem Amt auch kein eigenes Profil entwickeln. Aber das war
wohl auch nie ihre Absicht. Denn Maria Böhmer ist eine Parteisoldatin, wie
sie im Buche steht. 1950 in Mainz geboren, trat sie 1985 in die CDU ein,
1994 stieg sie in den Bundesvorstand der Partei auf, zwischenzeitlich saß
sie sogar im 21-köpfigen Präsidium.
Reinem Parteiproporz war es zu verdanken, dass die Frau aus Rheinland-Pfalz
2005 zu Merkels Chefsekretärin in Sachen Integration berufen wurde. Und
noch immer wirkt es, als sei sie erstaunt, dass diese Migranten, mit denen
sie jetzt zu tun hat, doch im Großen und Ganzen ganz vernünftige Leute
sind.
Dabei hat die Union in den letzten Jahren einen beachtlichen Kurswechsel
hingelegt – weg vom „Deutschland ist kein Einwanderungsland“, hin zu
Integrationsgipfeln, -kursen und der Rhetorik von einer neuen
„Willkommenskultur“. Doch der Imagewandel ist nicht mit Böhmers Person
verbunden, die Lorbeeren heimsen andere ein – zum Beispiel Angela Merkel,
unter deren Ägide die jährlichen Integrationsgipfel stattfinden.
## Nur ein großer Erfolg
Böhmers einziger großer Erfolg, den sie sich selbst an die Brust heften
kann, ist das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse, das am 1.
April 2010 in Kraft getreten ist. Dass es ein großer Wurf ist, kann man
allerdings nicht gerade sagen.
Auch auf anderen Gebieten hat sie sich nicht sonderlich hervorgetan. Selbst
im unionsinternen Streit über das Betreuungsgeld, das ja aus
frauenpolitischer wie aus migrationspolitischer Hinsicht grober Unfug ist,
war ihre Stimme bislang nicht zu vernehmen. Dabei hätte sie da gleich
doppelt aufschreien müssen – schließlich ist sie auch die Vorsitzende der
Frauen-Union.
Anders als frühere Integrationsbeauftragte wie Lieselotte Funcke von der
FDP (1981–1991) oder die Grüne Marieluise Beck (1998–2005), hat sich Maria
Böhmer nie als Anwältin der Migranten verstanden, deren Sorgen und Nöte sie
gegenüber der Bundesregierung zur Sprache bringt. Stattdessen versteht sie
sich als Sprachrohr der Bundeskanzlerin, deren Wünsche sie den Migranten
durchreicht.
## Chancen verstreichen lassen
Als im November 2011 bekannt wurde, dass die beispiellose Mordserie an
meist türkischstämmigen Kleinunternehmern auf das Konto von zwei Thüringer
Neonazis ging, hätte sie die Chance gehabt, die Themen Rassismus und
Diskriminierung auf die Tagesordnung zu setzen. Doch auch diese Chance ließ
sie verstreichen.
Angela Merkel blieb es vorbehalten, die Morde als „Schande für Deutschland“
zu bezeichnen. Dem damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff überließ sie
es, tröstende Worte für die Familien der Opfer zu finden. Und Berlins
ehemalige Ausländerbeauftragte Barbara John wurde engagiert, um sich als
„Ombudsfrau“ um die Nöte der Angehörigen zu kümmern. Für Maria Böhmer
scheint die Sache damit erledigt zu sein.
Wenn sie in der nächsten Woche, am 21. Mai, in Wiesbaden die Integrations-
und Ausländerbeauftragten der Länder und Kommunen zu einer gemeinsamen
Konferenz lädt, dann wird Maria Böhmer wieder im Schatten stehen. Denn
viele Bundesländer haben inzwischen weitaus profiliertere
Integrationsminister – von Aygül Özkan in Niedersachsen, die als erste
muslimische Ministerin berufen wurde, bis hin zu Bilkay Öney in
Baden-Württemberg, die ebenfalls mutig neue Wege geht.
Die wichtigsten integrationspolitischen Weichen werden ohnehin in den
Ländern und Kommunen gestellt. Was der Bundesintegrationsbeauftragten
bleibt, ist vor allem Symbolik. Ganz sicher wird Maria Böhmer am Ende der
Konferenz deshalb wieder ein Papier in die Kamera halten.
19 May 2012
## AUTOREN
Daniel Bax
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