# taz.de -- Erzählband von James Franco: Randvoll mit Alkohol und Marihuana | |
> James Franco, bislang vor allem als Schauspieler bekannt, hat Erzählungen | |
> über das Teenagerdasein in Kalifornien geschrieben. Dabei ist stets | |
> Gewalt im Spiel. | |
Bild: Nein, er ist natürlich nicht randvoll mit Drogen: James Franco. Aber er … | |
Palo Alto ist eine Kleinstadt in Kalifornien, genauer: im Silicon Valley im | |
Süden der Bucht von San Francisco. Die Stanford University ist dort | |
beheimatet, außerdem haben zahlreiche IT-Unternehmen ihren Sitz in der | |
Stadt, unter anderem war Facebook hier bis 2011 zu Hause. | |
Der Krise zum Trotz kann man sich Palo Alto als einen Ort vorstellen, wo | |
man an dem tüftelt, was die Zukunft sein wird; Fortschrittstrunkenheit und | |
Überbleibsel von Gegenkultur, Wohlstand und Nerdism vertragen sich hier | |
gut. Doch noch die optimistischste Erzählung franst am Rand aus, und auf | |
diese Fransen schaut der Schauspieler James Franco, selbst ein Kind Palo | |
Altos, in seinem Erzählband „Palo Alto“. | |
Dabei geht es ihm nicht um die Verlierer, sondern um die Söhne und Töchter | |
der Arrivierten, um die jungen Menschen aus gutem Hause, die sich so | |
desorientiert durch ihr Leben bewegen, wie es nur irgend sein kann, | |
randvoll mit Alkohol und Marihuana. Die jungen Frauen experimentieren auf | |
waghalsige Weise mit ihrer Sexualität, während die jungen Männer in ihrer | |
Notgeilheit gefangen sind; ihre Schüchternheit paart sich mit jäher | |
Aggressivität. Die Ich-Erzähler sehen sich als Außenseitertypen, sie sind | |
noch nicht in der Lage zu verstehen, dass sich mit 15 jeder als Außenseiter | |
fühlt. | |
## Fluchtpunkt Hochkultur | |
Franco schreibt das lakonisch auf, manchmal versucht er sich am Slang, dann | |
wieder lässt er seine Figuren Romane von Faulkner lesen oder nach dem | |
Vorbild der klassischen Moderne zeichnen. Hochkultur bildet also einen | |
Fluchtpunkt, sie schafft inmitten der allgemeinen Stumpfheit einen Raum, wo | |
sich Sensibilität und zukünftige Möglichkeiten des Ausdrucks erahnen | |
lassen. | |
Die einzelnen Erzählungen stehen zunächst für sich, nach einer Weile merkt | |
man, dass Franco sie miteinander verkettet, indem er eine Nebenfigur aus | |
der einen Story als Hauptfigur einer anderen auftreten lässt oder dieselben | |
Nebenfiguren in unterschiedliche Kontexte versetzt. Zeit vergeht, so dass | |
man einer Figur begegnet, wenn sie zwölf ist, und ein paar Geschichten | |
später, wenn sie 16 ist. | |
Franco eignet sich damit eine Erzählmethode an, die der Filmemacher Gus Van | |
Sant in „Elephant“ erprobt hat. Dort heftet sich die Kamera an eine Figur, | |
während eine andere wie zufällig im Schulkorridor vorbeigeht. Später folgt | |
die Kamera dieser zweiten Figur, und man sieht dieselbe Begegnung noch | |
einmal, nur eben aus einer anderen Perspektive. | |
## Immer mit Gewalt | |
Gewalt ist in „Palo Alto“ stets im Spiel, mal mehr, mal weniger latent. Der | |
allererste Satz gibt den Ton vor: „Vor zehn Jahren, in meinem zweiten Jahr | |
auf der Highschool, habe ich an Halloween eine Frau getötet.“ Ein | |
Autounfall mit anschließender Fahrerflucht; der junge Mann wird dafür nicht | |
zur Verantwortung gezogen, wie in den meisten Erzählungen auf die | |
zahlreichen Übertretungen nichts folgt. Und falls doch, dann sind es 30 | |
Stunden Sozialarbeit in der Stadtteilbibliothek. | |
Franco urteilt nicht über seine Figuren, er schaut ihrem Treiben | |
unerschrocken zu, was manchmal wie ein stilles Einverständnis in Stumpfsinn | |
und Gewalttätigkeit wirkt. Der lakonische Blick und die wertfreie Haltung | |
ermüden auf Dauer auf ähnliche Weise, wie es ihr Gegenteil täte. Wer die | |
Ödnis des Teenagerdaseins schreibend nachvollzieht, braucht ein Mittel, um | |
nicht selbst der Ödnis anheimzufallen. Franco hat es nicht gefunden. | |
## ■ „Palo Alto. Storys“. Aus dem Englischen von Hannes Meyer. Eichborn, | |
Hamburg 2012, 224 Seiten, 16,99 Euro | |
19 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Cristina Nord | |
## TAGS | |
Alkoholmissbrauch | |
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