# taz.de -- WDR-Doku über Deutsche Bank: Armer Sparer, böse Heuschrecke | |
> Die Doku "Verzockt und verklagt - Die guten Geschäfte der Deutschen Bank" | |
> macht es sich etwas zu leicht. Der Film hat einen klaren Auftrag. | |
Bild: „Alle, die Geld verloren haben, oder fast alle, leider, versuchen einen… | |
Der Kapitalismus und sein Personal haben zurzeit keinen so leichten Stand. | |
Man kann es auch am neuen Status seiner Gegner ablesen. Etwa daran, dass | |
Occupy jetzt sogar Kunst ist, wie man auf der siebten Berlin Biennale | |
sieht. Überhaupt die Banken und die Banker. Seit dem kapitalen Totalschaden | |
der Gebrüder Lehman sind sie das Böse schlechthin. Banken-Bashing ist | |
gesellschaftlicher Konsens. | |
Es versteht sich also, dass eine WDR-Dokumentation mit dem Titel „Verzockt | |
und verklagt – Die guten Geschäfte der Deutschen Bank“ (Montag, 22.45 Uhr, | |
ARD) keine Lobhudelei zu werden verspricht. Dass die Journalisten Andreas | |
Orth, Kim Otto und Markus Schmidt ihren Film über besagte Bank mit | |
eindeutigem Auftrag und vorgefasster Meinung gedreht haben. | |
Dass die Spitzenmanager besagter Bank wenig Lust dazu hatten, sich | |
vorführen zu lassen. Und den Journalisten ergo nicht Rede und Antwort | |
stehen wollten. Eine gewisse Grundskepsis dem Film gegenüber scheint also | |
angezeigt. Da geht es zum Beispiel ins hochverschuldete Ruhrgebiet: „Um | |
etwas Luft zu bekommen, ließ man sich in Hagen von der Deutschen Bank ein | |
Geschäft vermitteln. Eine Zinswette. Die funktioniert im Prinzip wie eine | |
Pferdewette.“ | |
Die Kommune verlor 40 Millionen Euro, „nun muss die Stadt noch mehr sparen. | |
Da können auch längst geplante Bolzplätze nicht mehr gebaut werden.“ Ein | |
grober, wenn nicht schiefer Vergleich. Und dann das simple Schema: Hier die | |
armen kleinen Sparer, da die Heuschrecke. | |
## Blinkende Dollarzeichen in den Augen | |
Es ist viel von der Gier der Bank die Rede, wenig von der Gier derer, die | |
sich auf die Geschäfte mit der Bank eingelassen haben. Wurden sie über die | |
Risiken tatsächlich nicht aufgeklärt – oder ging da, blinkende | |
Dollarzeichen in den Augen, möglicherweise zum einen Ohr etwas hinein und | |
zum anderen wieder hinaus? | |
Als Zeugin der Anklage tritt eine frühere Kämmerin der Stadt Pforzheim auf. | |
Dass ihre Swap-Geschäfte mit der Bank sie den Job gekostet haben, wird | |
erwähnt, ihre Mitschuld an dem finanziellen Debakel aber nicht hinterfragt. | |
Neue Zeugen treten auf und sagen, dass solche Geschäfte finanzmathematisch | |
viel zu kompliziert seien, selbst für Fachleute. | |
Dass man von Geschäften, von denen man nichts versteht, vielleicht lieber | |
die Finger lassen soll, wird nicht gesagt. Immer wieder schauen die | |
Journalisten auch in die USA. Die dort zusammengetragenen Indizien haben | |
ein ganz anderes Gewicht und lassen ahnen, wie eine überzeugendere | |
Dokumentation hätte aussehen können. | |
## „Vorstandssprecher“ klingt ulkig | |
Eine Linda Green unterschreibt für die Deutsche Bank in zweiundzwanzig | |
verschiedenen Versionen ihres Namens. Ein Grundbuchbeamter erklärt, dass | |
diese Praxis des „robo-signing“ das Urkundenerfassungssystem des ganzen | |
Landes zerstört habe. | |
Irgendwie ulkig ist auch, dass der Chefposten bei der Deutschen Bank | |
„Vorstandssprecher“ heißt. Das klingt nach Pressesprecher, und man erwartet | |
da ein besonders sprachgewandtes Exemplar Mensch – Josef Ackermanns | |
rhetorische Ausrutscher sind hingegen legendär. | |
Der Mann, der es einmal fertigbrachte, in einem Atemzug ein Rekordergebnis | |
seiner Bank und den Abbau von 6.000 Arbeitsplätzen zu verkünden, hat auch | |
diesmal, in seinem einzigen Statement für die WDR-Journalisten, ein | |
hübsches Beispiel seiner feinsinnigen Formulierungskunst parat: | |
„Alle, die Geld verloren haben, oder fast alle, leider, versuchen einen | |
Teil des Geldes zurückzubekommen. Das war ja immer anders, wenn man Geld | |
verdient hat. Dann hat man eigentlich nie die Bereitschaft gezeigt, Geld | |
zurückzugeben – auch wenn man sich schlecht beraten fühlte.“ | |
Mo., 22.45 Uhr, ARD | |
21 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Jens Müller | |
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