# taz.de -- Straßenumzug: Kohle für den Karneval | |
> Am Karneval der Kulturen teilzunehmen stellt viele Gruppen jedes Jahr vor | |
> große Geldprobleme. Nun ist vonseiten des Senats offenbar finanzielle | |
> Hilfe geplant. | |
Bild: Karnevalskostüme können ganz schön kosten. | |
Laut, bunt und multikulti ist er, der Berliner Karneval der Kulturen. Und | |
noch etwas: teuer. Kostüme, Umzugswagen, Proberäume, Soundanlagen – | |
zwischen 5.000 und 25.000 Euro müssen Gruppen aufbringen, die am Umzug | |
teilnehmen möchten. Bezahlen müssen sie das aus eigenen Mitteln oder von | |
Sponsorengeldern. Seit Jahren klagen deshalb vor allem kleinere Gruppen und | |
Vereine darüber, dass sie sich das kaum leisten können. Nun will die | |
Senatsverwaltung für Integration offenbar Abhilfe schaffen: mit einem | |
Fonds, aus dem Gruppen Unterstützung beantragen können. | |
OrganisatorInnen und TeilnehmerInnen des Karnevals hatten eine solche | |
gruppenbezogene Förderung schon lange vorgeschlagen. Von einem Fonds in | |
Höhe von 60.000 bis 90.000 Euro hatte Philippa Ebéné von der Werkstatt der | |
Kulturen, der die Karnevalsorganisation angegliedert ist, Anfang Mai | |
gesprochen. „Daraus könnten 20 bis 30 Gruppen jeweils einige tausend Euro | |
Grundfinanzierung für ihre Teilnahme beantragen“, so Ebéné. | |
Das könnte nun Wirklichkeit werden: Es sei „bekannt, dass die Werkstatt der | |
Kulturen eine finanzielle Unterstützung der beteiligten Gruppen als | |
notwendig erachtet und entsprechende Konzepte für einen Gruppenfonds | |
entwickelt“, hieß es auf Anfrage der taz aus dem Büro von | |
Kulturstaatssekretär André Schmitz. Und weiter: „Nach unserer Kenntnis sind | |
Finanzierungsmodelle unter Federführung des zuständigen Ressorts in | |
Planung. Wir begrüßen dies sehr.“ Das zuständige Ressort – die | |
Senatsverwaltung für Integration– mochte auf Anfrage nicht genauer werden. | |
Dementiert wurde die Mitteilung aber nicht. | |
Bisher haben die KarnevalsorganisatorInnen jährlich etwa 1 Euro pro | |
Besucher des Fests zur Verfügung: 270.000 Euro kommen aus dem Berliner | |
Landeshaushalt. Mit Geldern von Sponsoren und den Einnahmen aus den | |
Standgebühren für das Straßenfest liegt der Gesamtetat bei 750.000 Euro – | |
etwa ebenso viele Personen besuchen jährlich den Karnevalsumzug und das | |
Straßenfest um den Blücherplatz. Das Geld werde jedoch für Logistik wie | |
Sicherheitsabsperrungen, Besuchertoiletten und Müllbeseitigung gebraucht, | |
erklärt Nadja Mau vom Organisationsteam in der Werkstatt der Kulturen: „Die | |
am Umzug teilnehmenden Gruppen können wir aus dem Etat nicht unterstützen.“ | |
Dabei bescherte der Karneval der Stadt allein 2011 ein zusätzliches | |
Bruttoinlandsprodukt von insgesamt 53,2 Millionen Euro, wie die | |
Investitionsbank Berlin errechnete. | |
## Das sei „Ausbeutung“ | |
Im vergangenen Jahr hatte die Gruppe Afoxe Loni, die den Umzug 15 Jahre | |
lang anführte, ihre Teilnahme aus finanziellen Gründen abgesagt. Der | |
Karneval sei zu einem „lukrativen Wirtschaftsfaktor“ geworden und habe der | |
Stadt einen „unschätzbaren Imagegewinn“ gebracht, hieß es in der Begründ… | |
der afrobrasilianischen Musik- und Tanzgruppe. | |
„Lediglich die eigentlichen Akteure, denen die Stadt und die Unternehmen | |
das alles zu verdanken haben – die migrantischen Einwohner Berlins, die | |
seit Jahren in Zigtausenden von ehrenamtlich geleisteten Stunden und mit | |
ihrem eigenen spärlichen Geld das alles ermöglichen –“, gingen leer aus, | |
hieß es. Das sei „Ausbeutung“. | |
Mit der nun künftig offenbar Schluss sein soll. Von entsprechenden Plänen | |
der Senatsintegrationsverwaltung wussten Nadja Mau und Philippa Ebéné von | |
der Werkstatt der Kulturen bislang zwar nichts, kurz vor dem Karneval käme | |
dies jedoch mehr als gelegen: „Sollte das stimmen, wäre es eine schöne | |
Überraschung“, so Philippa Ebéné. | |
23 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
## TAGS | |
Karneval | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Alternativer Karneval am Ende: Grüne feiern mit dem Feind | |
Die Aachener Strunxsitzung war der Gegenentwurf zum Herrenwitz-Karneval. | |
Jetzt ist Schluss. Heute marschiert Özdemir mit dem Volk – und verkauft das | |
als Sieg. | |
Karneval der Kulturen: Straßenumzug? Ohne uns! | |
Der Senat plane, Gruppen des Karnevals finanziell zu unterstützen, hieß es | |
kürzlich aus dem Büro des Kulturstaatssekretärs Schmitz. | |
Integrationssenatorin Kolat dementiert. Für die Teilnehmer heißt das: Sie | |
müssen betteln gehen | |
Kommentar zum Karneval: Profitieren, ohne zu unterstützen | |
Das Verhalten des Senats zeigt, wie unwichtig ihm der Karneval und seine | |
ProtagonistInnen tatsächlich ist. |