| # taz.de -- Spanien spart Bildung: Angst vor einer Rückkehr Francos | |
| > Hunderttausende Lehrer demonstrieren gegen geplante Kürzungen im | |
| > Bildungsbereich. Durch die Einschnitte würden die Erfolge der letzten 30 | |
| > Jahre zerstört. | |
| Bild: Statt Kürzungen in der Bildung fordern die Demonstranten Einsparungen f�… | |
| MADRID taz | Spaniens Lehrer, Schüler und Eltern machen mobil. Erstmals in | |
| der Geschichte der spanischen Nach-Franco-Demokratie streikten am Dienstag | |
| in allen Regionen die Lehrer von der Vorschule bis zur Universität. Sie | |
| protestierten gegen die geplanten Kürzungen von 3 Milliarden Euro im | |
| Bildungssystem. | |
| 80 Prozent der Lehrkräfte folgten dem Aufruf nach Angaben des | |
| Streikbündnisses aller wichtigen Gewerkschaften und Berufsverbände. Die | |
| Regierung spricht von 20 Prozent. Elternverbände, Schüler- und | |
| Studentenorganisationen unterstützten den Streik. | |
| Am Abend demonstrierten in ganz Spanien über 600.000 Menschen. In Barcelona | |
| und Madrid zählten die Veranstalter jeweils über 100.000 Teilnehmer, in | |
| Andalusien kamen zu den Protestmärschen in acht großen Städten insgesamt | |
| 200.000. „Der Bildungsminister zerstört, was in 30 Jahren aufgebaut wurde. | |
| Wir kehren zum Franco-Schulsystem zurück“, beschwert sich der | |
| Generalsekretär der größten Gewerkschaft im Bildungsbereich, der | |
| postkommunistischen CCOO, José Campos. | |
| ## Die Konservativen bauen längst an Unis und Schulen ab | |
| Seit die Regierung des Konservativen Mariano Rajoy die Regionalregierungen | |
| dazu anhält, im Bildungsbereich 3 Milliarden Euro einzusparen, werden | |
| überall an Schulen und Universitäten Stellen abgebaut. In Madrid wurde im | |
| laufenden Schuljahr die Zahl der Unterrichtsstunden pro Lehrer erhöht. | |
| 2.300 Stellen fielen dem zum Opfer. Den verbleibenden Lehrern bleibt keine | |
| Zeit mehr für Aktivitäten außerhalb des Klassenzimmers. | |
| Die Bibliotheksöffnungszeiten müssen eingeschränkt, freiwillige | |
| Arbeitsgemeinschaften gestrichen werden. Künftig werden in der Oberstufe | |
| statt bisher 30 Schülern pro Klasse 42 bis 47 Schüler zulässig sein. Falls | |
| dies von allen Regionen konsequent umgesetzt wird, werden – so die | |
| Gewerkschaften – spanienweit 80.000 der 500.000 Lehrer ihren Arbeitsplatz | |
| verlieren. | |
| Bildungsminister José Ignacio Wert verteidigt die Kürzungen. Die Qualität | |
| der Bildung werde nur „geringfügig beeinträchtigt“. Lehrer und Eltern seh… | |
| dies anders. Vor allem Schüler mit Problemen würden von den Kürzungen | |
| betroffen, da in überfüllten Klassen die überlasteten Lehrer keine Zeit | |
| mehr für individuelle Betreuung hätten. Bereits heute beenden 25 Prozent | |
| der Jugendlichen die Pflichtschuljahre ohne Abschluss. Was Gewerkschaften | |
| und Elternverbände besonders empört: Es wird nur an staatlichen Schulen | |
| gespart. Staatlich subventionierte Privatschulen bleiben in den meisten | |
| Regionen unangetastet. | |
| 23 May 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
| ## TAGS | |
| Privatschule | |
| Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
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