# taz.de -- EU-Kommission schränkt Werbung ein: Joghurt dann eben mit Vitaminen | |
> Die EU-Kommission erlaubt nur noch bestimmte Gesundheits-Aussagen auf | |
> Produkten. Besonders Sätze wie: „Joghurt stärkt das Immunsystem“ sind | |
> künftig verboten. | |
Bild: Von wegen: Joghurt macht weder schön noch gesund. | |
BERLIN taz | Verlierer sind die Joghurt-Hersteller. Aussagen über angeblich | |
das Immunsystem stärkende probiotische Kulturen, die bei den Herstellern so | |
beliebt waren, dürfen in Zukunft nicht mehr auf den Produkten stehen. Die | |
EU-Kommission veröffentlichte am Freitag eine Liste mit 222 | |
Gesundheits-Aussagen, sogenannten Health-Claims, mit denen die Hersteller | |
in Zukunft noch werben dürfen. Die Regelung gilt ab Dezember, bis dahin | |
haben die Unternehmen Zeit, ihre Werbung umzustellen. | |
44.000 Anträge hatten die Hersteller aus den EU-Staaten eingereicht, um | |
Zulassungen für Aussagen über Vitamine, Mineralstoffe, Fettsäuren, aber | |
auch einzelne Bestandteile wie Walnüsse zu bekommen. Weil sich zahlreiche | |
Erklärungen stark ähnelten, fasste die Kommission sie zu 4.600 Anliegen | |
zusammen – davon ist allerdings knapp die Hälfte noch nicht bewertet. | |
Kriterium für die Zulassung ist, dass die Aussage wissenschaftlich belegt | |
sein muss. | |
Erlaubt bleiben Darstellungen wie „Eisen hilft gegen Müdigkeit“ oder „Mit | |
essenziellen Fettsäuren für das Knochenwachstum von Kindern“. Wie weit die | |
Industrie bei der Dehnung dieser Aussagen gehen kann, ist aber unklar – | |
schon weil die erlaubten Claims nur auf Englisch publiziert sind. „Einige | |
Anpassungen bei der Formulierung der Aussagen“ seien erlaubt, so die | |
Kommission. „Da wird es noch eine Reihe von Auseinandersetzungen geben“, | |
vermutet Anne Markwardt von der Verbraucherrechtsorganisation Foodwatch. | |
Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) begrüßte die Regelung: | |
„Verbraucherinnen und Verbraucher sind in Zukunft besser vor irreführender | |
Werbung geschützt.“ Lobend äußerte sich auch der Spitzenverband der | |
deutschen Lebensmittelwirtschaft: Es sei gut, dass es europaweite Kriterien | |
gebe. | |
Kritik kommt von Verbraucherschützern. Zwar seien eine ganze Reihe von | |
Behauptungen nicht mehr erlaubt, so Markwardt. Aber die Hersteller würden | |
wohl nicht auf Aussagen mit Gesundheitsbezug verzichten. | |
Die Foodwatch-Expertin glaubt, dass „in Zukunft vermutlich mehr Produkte | |
mit Vitaminen angereichert“ werden. Denn eine Reihe der erlaubten Aussagen | |
beziehe sich auf deren positive Wirkungen. „Eine Überversorgung kann bei | |
einigen Vitaminen aber durchaus bedenklich sein“, warnt Markwardt. So stuft | |
das Bundesinstitut für Risikobewertung die Vitamine D und A sowie | |
Beta-Carotin in die Risikokategorie „hoch“ ein. Bei einer Überdosis Vitamin | |
D könne eine Hyperkalzämie – eine erhöhte Kalziumkonzentration im Blut – | |
auftreten. Mögliche Folgen: Erbrechen, neuromuskuläre Störungen bis hin zu | |
Bewusstseinsstörungen. | |
„Am besten wären gar keine Gesundheitsaussagen“, sagt Markwardt. Schon weil | |
sie bei Verbrauchern, die sich gesundheitsbewusst ernähren wollen, | |
suggerierten, dass ein verpacktes Produkt besser sei als das unverpackte | |
Gemüse nebenan. | |
25 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bauers gentechnikfreier Joghurt: Missverständnisse aus dem Kühlregal | |
Ein konventioneller Joghurt soll der erste gentechnikfreie Joghurt sein – | |
so verspricht es die Werbung. Bioproduzenten und Verbraucherschützer finden | |
das irreführend. | |
Lebensmittel für Kinder: Nur gut für die Industrie | |
Fast drei Viertel aller Produkte für Kinder sind ungesund – auch Bio | |
schneidet schlecht ab. Foodwatch fordert Werbeverbote für die „getarnten | |
Süßigkeiten“. |