Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Arbeitslosenzahlen: Über den Tellerrand schauen
> Die nationalen Arbeitslosenzahlen verlieren an Bedeutung. Bessere
> Jobbedingungen in der Dienstleistung, steigende Entgelte und ein
> Mindestlohn sind nötige Entwicklungen.
Wer wissen will, was politische Mythen sind, bekommt derzeit ein tolles
Beispiel geliefert. Vor rund zehn Jahren galt Deutschland als der „kranke
Mann Europas“. Lähmende Arbeitslosigkeit, ein angeblich verkrusteter
Sozialstaat – das galt als Ausdruck der „deutschen Krankheit“, wie der
britische Economist damals schrieb.
Heute herrscht international eine andere Sichtweise, nicht nur, weil die
hiesigen Arbeitslosenzahlen auch im Mai noch vergleichsweise gut sind.
Deutschland hat sich zum angeblichen „Musterknaben“ gewandelt. Die
EU-Kommission rügt sogar, dass die Löhne in Deutschland zu niedrig sind und
die gemeinsame Währung Deutschland einen Wettbewerbsvorteil verschafft.
Beide Mythen, der vom „kranken Mann“ und der vom „Musterknaben“, sind
Quatsch. Die ehemals bekrittelten sozialen Sicherungen wie der
Kündigungsschutz haben den Arbeitsmarkt in der Finanzkrise gut geschützt.
Und was heißt Musterknabe: Im Einzelhandel ist es nicht möglich, einen
branchenbezogenen Mindestlohn einzuführen, weil nicht mal die Hälfte der
Beschäftigten in einem tarifgebundenen Betrieb ackern.
Deutschland hat keinen gesetzlichen Mindestlohn, andere EU-Staaten schon.
Viele Niedriglöhner ackern mehr als 40 Wochenstunden. In Deutschland
entstehen „Klassenunterschiede“ zwischen denjenigen, die gut bezahlt bei
kontrollierbaren Belastungen tätig sind, und anderen, die sich mit schlecht
bezahlter Arbeit aufreiben und ihre Erwerbsbiografie nicht planen können.
Die nationalen Arbeitslosenzahlen verlieren an Bedeutung. Wir sollten mehr
nach außen und nach innen schauen. Bessere Jobbedingungen in der
Dienstleistung, steigende Arbeitsentgelte, einen Mindestlohn in Deutschland
– eine solche Entwicklung hierzulande würde viele EU-Länder und deren
Arbeitslose freuen. Und die Eurozone stabilisieren. Ganz ohne Mythen über
kranke Männer oder Musterknaben.
31 May 2012
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Jobaufschwung schwächt sich etwas ab: Immer noch viele freie Stellen
Gut drei Jahre lang boomte der deutsche Arbeitsmarkt. Jetzt verliert der
Jobaufschwung etwas an Fahrt. Aber es gibt keine Trendwende.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.