# taz.de -- Jobaufschwung schwächt sich etwas ab: Immer noch viele freie Stell… | |
> Gut drei Jahre lang boomte der deutsche Arbeitsmarkt. Jetzt verliert der | |
> Jobaufschwung etwas an Fahrt. Aber es gibt keine Trendwende. | |
Bild: So leer ist es anderswo nicht: Arbeitsagentur. | |
NÜRNBERG dpa | Die Konjunktureintrübung Ende vergangenen Jahres schlägt | |
verzögert nun auch auf den Arbeitsmarkt durch und hat im Mai zu einer | |
weiteren Abschwächung des Jobaufschwungs geführt. | |
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren zum Spätfrühjahr 2,855 | |
Millionen Männer und Frauen ohne Arbeit. Dies seien 108 000 weniger als im | |
April und nur noch 105 000 weniger als vor einem Jahr, teilte die BA am | |
Donnerstag in Nürnberg mit. Mit dieser Entwicklung hatten auch Volkswirte | |
deutscher Großbanken gerechnet. | |
Die Zahl der Arbeitslosen sank damit im Monatsvergleich deutlich schwächer | |
als im Schnitt der vergangenen drei Jahre. Trotzdem lag die | |
Mai-Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Die | |
Erwerbslosenquote sank um 0,3 Punkte auf 6,7 Prozent. Vor einem Jahr hatte | |
sie noch bei 7,0 Prozent gelegen, berichtete BA-Vorstandschef Frank-Jürgen | |
Weise. | |
Für dieses Jahr rechnet Weise weiterhin mit einer durchschnittlichen | |
Arbeitslosigkeit zwischen 2,8 und 2,9 Millionen. Ein Risiko stelle | |
allerdings die Euro-Schuldenkrise dar. "In Deutschland werden die | |
wirtschaftlichen Auswirkungen der Schuldenprobleme in einigen Ländern noch | |
von der starken Binnenkonjunktur und dem starken Export in Länder außerhalb | |
der EU kompensiert", sagte Weise. Trotzdem könne sich den negativen | |
Einflüssen womöglich auch Deutschland nicht entziehen. | |
Der BA-Chef räumte ein, dass der Arbeitsmarkt im Mai keinen Schub mehr von | |
der Konjunktur bekommen habe. "Im Mai spüren wir nur noch den | |
saisonüblichen Frühjahrsaufschwung", betonte er. Eine Trendwende sieht er | |
darin allerdings nicht. Die Lage sei weiterhin gut. Allerdings schwäche | |
sich die positive Tendenz der vergangenen Jahre ab. "Wir fahren weiter mit | |
Geschwindigkeit, beschleunigen aber nicht mehr." | |
Auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sieht weiterhin eine | |
positive Grundtendenz auf dem Arbeitsmarkt. Was der Arbeitsmarkt derzeit | |
spüre, sei lediglich "die bereits überwundene Wachstumsdelle". Inzwischen | |
habe die Konjunktur aber im ersten Quartal nach einer kurzen Schwächephase | |
wieder Tritt gefasst. Umfragen zeigten, dass Unternehmen ihr Personal | |
weiter aufstocken wollten, erklärte der Minister in Berlin. | |
## Aktive Arbeitsmarktpolitik geschrumpft | |
Das für Hartz IV zuständige BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt führt den | |
ungewöhnlichen geringen Rückgang der Mai-Arbeitslosigkeit auch auf die | |
geschrumpfte aktive Arbeitsmarktpolitik der Arbeitsagenturen und Jobcenter | |
zurück. Im Mai hatten sich nach seinen Angaben nur noch rund 973 000 | |
Erwerbslose in Ein-Euro-Jobs befunden oder absolvierten Aus- und | |
Fortbildungskurse - 253 000 weniger als vor einem Jahr. Jüngste | |
statistische Korrekturen bei der Erfassung älterer Hartz-IV-Empfänger | |
gleichen einen Teil dieses Effekts allerdings wieder aus. | |
Ausdrücklich wehrte sich die Bundesagentur-Führung gegen den Vorwurf, es | |
handele sich dabei um Sparmaßnahmen. Vielmehr reagiere die BA mit dem | |
knapperen Budget für die Arbeitslosen-Förderung auf die bessere | |
Arbeitsmarktlage. Immer mehr Erwerbslose fänden auch ohne die von der BA | |
finanzierten Aus- und Fortbildungsmaßnahmen einen Job. Diese zeige | |
beispielsweise die um 32 700 auf 140 000 geschrumpfte Zahl von | |
Eingliederungszuschüssen. | |
Zuversichtlich stimmt BA-Chef Weise das große Angebot an freien Stellen. | |
Insgesamt hatten Unternehmen nach Erkenntnissen der Arbeitsagenturen im Mai | |
eine halbe Million Mitarbeiter gesucht. Die Nachfrage nach Arbeitskräften | |
erreichte damit ein ähnlich hohes Niveau wie zum Höhepunkt des Job-Booms im | |
Herbst vergangenen Jahres. | |
Wie auch die Beschäftigtenstatistik zeige, entstünden in vielen Unternehmen | |
weiterhin neue Arbeitsplätze, gab Weise zu bedenken. So wuchs die Zahl der | |
Erwerbstätigen binnen Jahresfrist um 572 000 auf 41,42 (Stand April), die | |
Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze sogar um 675 000 auf | |
26,78 Millionen (Stand März). Neue Arbeitsplätze entstünden in allen | |
Bundesländern und fast allen Branchen; lediglich in Behörden und anderen | |
öffentlichen Einrichtungen seien seit vergangenem Jahr Arbeitsplätze | |
verloren gegangen. | |
31 May 2012 | |
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