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# taz.de -- Sehnsucht reist mit: Das Paradies ist irdisch
> Der Tourismus vermarktet Themen wie Selbstfindung und Läuterung. Die
> Kirchen ziehen nach und werden selbst Veranstalter.
Bild: Hinterm Horizont geht's weiter.
Wer das Wort Paradies in eine Internetsuchmaschine eingibt, erhält als
Treffer verheißungsvolle Urlaubsziele, Wellness-Oasen und Hotels – das
überirdische Paradies findet im Tourismus längst auf Erden statt, die Suche
danach außerhalb der Religion. Doktor Wolfgang Isenberg, Leiter der
katholischen Thomas-Morus-Akademie in Bensberg, erklärt das Interesse der
Kirchen am Tourismus.
„Es ist ja eher der Tourismus, der heute das Sehnsuchtspotenzial der
Menschen anspricht, und die Kirchen reagieren, weil dort ein Stück ihrer
Identität, ihrer Tradition auswandert wie bei vielen anderen Themen auch.“
Damit seien die Kirchen in einen Wettbewerb geraten, in dem der Markt eine
Rolle spiele.
Thematische Reisen wie „Erschaffe dich neu“ oder „Ich-Zeit“ zeigten, da…
die Förderung der persönlichen Erfahrungen bei Reisen immer mehr im
Vordergrund stehe, meint Isenberg. Auch das Wort Pilgern werde zwar weiter
genutzt. Es habe aber vielfach überhaupt nichts mehr mit dem kirchlichen
Kontext zu tun. Auch das Thema spiritueller Tourismus sei längst nicht mehr
in der Kirche angesiedelt. „Da kümmern sich die Fremdenverkehrsverbände
drum“, sagt Isenberg.
## Vielfältige Angebote der Kirchen
Kirchen sind in Urlaubsregionen aktiv. Man findet sie auf dem Campingplatz,
im Europapark Rust oder an den Küsten mit dem Thema Standkorbhilfe. In
Urlaubsregionen, wo sehr viele Deutsche sind, wie Mallorca, gibt es
Touristenseelsorge. Doch vor allem treten die Kirchen längst selbst als
Veranstalter auf. Auch die katholische Thomas-Morus-Akademie bietet Reisen
an.
Mit welchem Ziel, das erklärt Wolfgang Isenberg: „Wir wollen die Sehnsucht
nach Atmosphäre aufgreifen. Wir haben zum Beispiel sogenanntes geistliches
Erkunden im Angebot. Dabei laden wir ein, die kirchlichen Gebäude anders zu
erfahren, anders in Blick zu nehmen. Und dafür gibt es ein große
Nachfrage.“ Beide Kirchen haben nun – getrennt voneinander – eine Brosch�…
mit kirchlichen Freizeitangeboten herausgegeben.
Die katholische Kirche will mit ihrer Freizeitbroschüre „unser Interesse
wecken, auch in Freizeit und Urlaub Gott nahezukommen“. Die evangelische
Kirche versteht sich „als Begleiterin von Menschen im Urlaub, auch der in
der Touristikbranche Arbeitenden“.
## Wer vermarktet die Sinnfragen?
Heinz Fuchs vom Evangelischen Entwicklungsdienst und im Vorstand des
Netzwerks Kirche und Tourismus über die evangelische Kirche als
Veranstalter: „Das Engagement der evangelischen Kirchen im Tourismus ist
auf der einen Seite ungeheuer vielfältig durch Urlauberseelsorge, durch
spezielle Angebote in touristischen Gebieten vor allem in Deutschland, aber
auch Urlaubspfarrämter, die eingerichtet werden, Bildungsangebote im Umfeld
des Tourismus, die Initiativen um Radwege, Kirchen, Autobahnkirchen.“
Wenn man nun Fahrten, Ausflüge mit Übernachtungen von Jugendgruppen,
Kindergruppen, Erwachsenen- und Seniorengruppen unterwegs dazurechnet, ist
die Kirche längst selbst ein großer Veranstalter geworden, ein Player im
Tourismus.
Ein Player, der die Sinnfragen nicht dem touristischen
Vermarktungsinteresse überlassen will? „Das Thema Sinn kommt immer wieder
auf“, sagt Heinz Fuchs. Nicht umsonst sei die Tourismuswerbung noch immer
von dem Paradiesgedanken erfüllt, der eine große Nähe mit den Sehnsüchten
hat, mit denen die Kirchen es immer wieder zu tun haben. Deshalb sei der
Dialog zwischen Kirche und gewerblichem Tourismus und Zielgebieten sehr
sinnvoll.
„Denn es geht um Wohlbefinden, Gesundheit, Lebensglück“, sagt Fuchs – und
„um Lernen und Begegnung“. Zentrale Themen, die die Kirchen schon immer
beschäftigten und deren sich der kommerzielle Tourismus immer mehr annimmt.
Von daher, so Fuchs, sei es naheliegend, dass Kirche und Tourismus
miteinander im Dialog stünden. Und die Kirchen selbst Veranstalter werden.
2 Jun 2012
## AUTOREN
Edith Kresta
Edith Kresta
## TAGS
Naturschutz
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