# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Balsaholz oder Buche? | |
> Die Offensive der deutschen Fußballnationalmannschaft ist schlicht zu gut | |
> für die Defensive. Also sorgen sich alle um die Abwehr – ein | |
> Luxusproblem. | |
Bild: Zwei erfahrene Abwehr-Haudegen: Holger Badstuber und Per Mertesacker (hie… | |
Ein weiser Basketballtrainer hat einmal gesagt: „Offense wins games, | |
defense wins championships.“ Der Angriff gewinnt Spiele, die Verteidigung | |
gewinnt Meisterschaften. Wenn auch nur ein Fünkchen Wahrheit in diesem | |
Spruch steckt, dann könnte die deutsche Mannschaft bei dieser | |
Europameisterschaft ein paar Probleme bekommen. | |
Sie ist vorn, vor allem im offensiven Mittelfeld, hervorragend bestückt. | |
Mit dieser Offensive sollten ein paar Siege drin sein. Aber ob es zum Titel | |
reicht, der dem Team von Jogi Löw jetzt schon so häufig angedichtet wird? | |
Wer weiß. Von der deutschen Defensive weiß man nach den letzten beiden | |
Testspielen nur, dass sie fünf Tore gegen die Schweiz zugelassen hat und | |
von Israel nicht einmal ernsthaft getestet wurde. | |
Ist sie so stabil wie Balsaholz oder wie eine deutsche Buche? Was kann sie | |
aushalten: den leichten Angriffsdruck der Israelis oder den tonnenschweren | |
der Portugiesen und Holländer? Wie lange braucht sie, um sich zu finden? | |
Und was, wenn es dann schon zu spät ist? | |
## Abgelehntes Bollwerk | |
Jogi Löw ist ein Freund des Offensivfußballs. Mit dem Engagement eines | |
Laienpredigers kann er über die Grundsätze des modernen Stürmens sprechen: | |
Steilpässe in die Spitze, schnelles Umschalten, Bewegung ohne Ball, | |
überfallartige Konter. | |
Er würde es ablehnen, als Architekt eines Abwehrbollwerks in die | |
Fußballgeschichte einzugehen wie Roberto Di Matteo vom FC Chelsea London, | |
nein, er will schnelles Kurzpassspiel sehen, so wie es in Spanien gelehrt | |
wird. So hat er dem Team 2010 während der Weltmeisterschaft in Südafrika | |
das Siegel des Schönspielens aufgeprägt. | |
Die deutschen Fans fanden das prima, weil es ziemlich undeutsch war. Doch | |
was werden sie sagen, wenn der Wandel der Spielkultur mit einer | |
Wankelmütigkeit der Defensiven einhergeht? Derzeit lautet das Motto von | |
Bundestrainer Jogi Löw: Wird schon irgendwie gut gehen. Im Prinzip hat er | |
ja recht. In der Viererkette stehen erfahrene Leute. | |
## Trennung akademischer Natur | |
Drei waren gut genug fürs Champions-League-Halbfinale, einer gilt als | |
Aufsteiger der Saison, und der Nächste hat zwar erst eine Verletzung | |
überstanden, darf aber dennoch als Haudegen gelten. Der Dortmunder Mats | |
Hummels wiederum verfügt über das Selbstbewusstsein eines Meisters und | |
Pokalsiegers. | |
Schaut nach einem Luxusproblem aus: Die Offensive ist schlichtweg zu gut | |
für die Defensive. Gilt das Niveau der vorderen Kreativen als Maßstab, | |
stehen die Hintermänner schnell als Deppen da. Diese Trennung ist aber eher | |
akademischer Natur, denn je nach Situation hat ein Team stets 11 Angreifer. | |
Und 11 Verteidiger. So könnte es funktionieren. | |
2 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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