# taz.de -- Puma-Vorstand über Sozialstandards: „Unsere Preise würden deutl… | |
> Menschen in Entwicklungsländern faire Löhne zu zahlen, ist im | |
> alltäglichen Wettbewerb nicht durchsetzbar, sagt Reiner Seiz. Der | |
> Puma-Vorstand will Branchen-Absprachen. | |
Bild: Sprintstar Usain Bolt wirbt für Puma – wie produziert wird, scheint da… | |
taz: Herr Seiz, Puma ist in mancher Hinsicht ein vorbildliches Unternehmen. | |
Und doch arbeiten die Beschäftigten in den weltweiten Zulieferfabriken oft | |
unter schlechten Bedingungen. Warum ist Puma nicht konsequent? | |
Reiner Seiz: Wir sind als Unternehmen sehr konsequent, denn wir haben seit | |
mehr als zwanzig Jahren die Arbeits- und Sozialbedingungen in unseren | |
Zulieferbetrieben kontinuierlich verbessert. Als erstes Unternehmen der | |
Branche haben wir bereits 1993 damit begonnen, einen eigenen | |
Verhaltenskodex einzuführen und umzusetzen. Wir überprüfen unsere | |
Lieferanten regelmäßig und überwachen die Umsetzung unserer Standards durch | |
eigene Expertenteams. Über die Fair Labor Association, deren Mitglied wir | |
sind, werden auch unangekündigte Kontrollen in unseren Zulieferfabriken | |
durchgeführt. Kommen uns dabei Vorwürfe zu Ohren, gehen wir ihnen | |
konsequent nach und versuchen, die etwaigen Missstände abzustellen. | |
Bürgerrechtler sagen, dass die Arbeiterinnen beispielsweise in Bangladesch | |
zu wenig verdienen, um davon ihre Familien mit dem Nötigsten versorgen zu | |
können. Warum verpflichten Sie die Zulieferfirmen nicht einfach, | |
existenzsichernde Löhne zu zahlen? | |
Unternehmen, die für Puma produzieren, zahlen immer den im jeweiligen Land | |
vorgesehenen Mindestlohn - und darüber hinaus oftmals sogar deutlich mehr. | |
In China beispielsweise lässt sich inzwischen kein Arbeiter mehr für den | |
Mindestlohn einstellen. Wir versuchen, die Arbeiter und ihre Familien so | |
gut zu stellen wie möglich. Um keinen Anlass für einen der Streiks zu | |
geben, die in China oder Vietnam häufig sind, erhöhen wir die Löhne oft | |
schon im Vorfeld. | |
Aber Sie drücken sich darum herum, den Arbeiterinnen und Arbeitern Löhne | |
zuzugestehen, die den Lebensunterhalt decken. | |
Nein, denn wir diskutieren dieses Thema seit geraumer Zeit intern und auch | |
mit Organisationen, die uns kritisieren. Tatsächlich gibt es aktuelle | |
Studien, die eine Lücke aufzeigen zwischen den Mindestlöhnen und einer | |
sogenannten fairen Bezahlung der Beschäftigten. Wir analysieren und prüfen | |
derzeit unsere Möglichkeiten, diese Lücke zu schließen. | |
Warum sagen Sie Ihren Zulieferern in Bangladesch nicht einfach, sie sollten | |
den Arbeiterinnen 8.000 Taka, 78 Euro, monatlich zahlen - wodurch diese | |
nach Berechnungen von Arbeitsrechtlern dann endlich ihren Grundbedarf | |
finanzieren könnten? | |
Das würde bedeuten, dass die Preise unserer Produkte deutlich steigen. Und | |
das wiederum würde die Wettbewerbsfähigkeit von Puma gegenüber den anderen | |
Unternehmen in unserer Branche verschlechtern. Es ist also ein komplexes | |
Thema, das wir nicht mehr nur als einzelnes Unternehmen angehen können, | |
sondern in Kooperation mit anderen. Wir überlegen gegenwärtig, ob eine | |
gemeinschaftliche Lösung innerhalb der Branche möglich ist. | |
Die Arbeitskosten in den Entwicklungsländern machen nur wenige Prozent des | |
Endpreises aus. Wenn Puma den Grundbedürfnislohn zahlte, würde der Preis | |
für ein Paar Schuhe vielleicht um fünf Euro steigen. Wo liegt das Problem? | |
Diese Zahlen kann ich nicht bestätigen. Wenn wir die Löhne gemäß mancher | |
Forderung erhöhten, könnte das schnell zu einer Preissteigerung von bis zu | |
30 Prozent zulasten der Verbraucher führen. Das ist derzeit am Markt nicht | |
umsetzbar. Deshalb müssen wir überlegen, ob es gemeinsame Lösungen gibt, | |
die unsere Wettbewerber und vielleicht auch die Konsumenten gleichermaßen | |
mit einbeziehen. | |
Wenn Sie keinen Preisaufschlag erheben wollen, könnten Sie den Gewinn ein | |
wenig reduzieren. Statt gut 230 Millionen Euro Nettoprofit wie 2011, | |
blieben dann vielleicht 200 Millionen übrig - auch nicht schlecht. Erlauben | |
das Ihre Aktionäre nicht? | |
Wir sind eine Europäische Aktiengesellschaft und müssen natürlich auch den | |
Vorstellungen unserer Anteilseigner gerecht werden. Insgesamt tragen unsere | |
Aktionäre aber die soziale und ökologische Verantwortung mit, die Puma | |
praktiziert. Vor diesem Hintergrund sehen wir durchaus Möglichkeiten, auch | |
in der Lohnfrage künftig voranzukommen. | |
Unternehmen wie Puma, Adidas, Apple und andere legen in ihren hauseigenen | |
Verhaltenskodizes Verpflichtungen für die Zulieferer in aller Welt fest, | |
die diese regelmäßig nicht einhalten. Offenbar müssen die Arbeiterinnen | |
auch in Zulieferfabriken von Puma oft länger arbeiten als die 60 Stunden | |
pro Woche, die Sie als Obergrenze angeben. Woran liegt es, dass die | |
Markenfirmen ihre Vorschriften einfach nicht durchsetzen können? | |
Puma verfügt über ein ausgedehntes Netzwerk an Lieferanten. In über 30 | |
Ländern arbeiten wir mit über 200 Produktionsfirmen und zusätzlich rund 100 | |
Lizenznehmern zusammen. Diese rund um die Uhr zu kontrollieren ist | |
schwierig und nahezu unmöglich. Wir versuchen es trotzdem, so gut wie | |
möglich - und meistens gelingt uns das auch. Aber auch wir können nicht | |
verhindern, dass es auch mal Ausreißer gibt. Da kommt es vor, dass ein | |
Lieferant, der unter zeitlichem Druck steht, seine Beschäftigten | |
auffordert, noch eine Stunde Arbeitszeit dranzuhängen. Insgesamt jedoch, | |
das möchte ich betonen, wird unsere Überstundenregelung eingehalten. | |
5 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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