# taz.de -- Gouverneuerswahl in Wisconsin: Klassenkampf von oben | |
> Es ist eine Generalprobe für die Präsidentschaftswahl in den USA: Bleibt | |
> der rechte Scott Walker Gouverneur in Wisconsin, wird seine | |
> gewerkschaftsfeindliche Politik Nachahmer finden. | |
Bild: Mitten in seiner ersten Amtszeit muss sich Scott Walker einer erneuten Ab… | |
WASHINGTON taz | Follow the money – folge dem Geld –, heißt es in den USA. | |
Im Falle des Bundesstaates Wisconsin führt dieser Weg am Dienstag direkt in | |
die Wahlkampfkasse von Governor Scott Walker. Der rechte Populist, der | |
einen Krieg gegen Gewerkschaften eröffnet und die Mitbestimmung im | |
öffentlichen Dienst abgeschafft hat, konnte mehr als 31 Millionen Dollar | |
von UnterstützerInnen aus sämtlichen Ecken der USA kassieren – eine | |
Rekordsumme für einen Gouverneurswahlkampf. | |
Der Urnengang – tatsächlich ein Referendum über Walkers Klassenkampf von | |
oben – gilt als die zweitwichtigste Wahl dieses Jahres in den USA. Eine | |
Generalprobe für die Präsidentschaftswahlen im November. | |
Schon das Ereignis an sich hat Seltenheitswert: Es ist keine routinemäßige | |
Gouverneurswahl, sondern eine „Abrufwahl“ zur Hälfte seiner Amtszeit. | |
Dergleichen geschieht in der US-Geschichte erst zum dritten Mal. | |
Die „Abrufwahl“ in Wisconsin kam zustande, nachdem Opposition und | |
Gewerkschaften weit mehr Unterschriften als nötig gesammelt hatten, um die | |
Entscheidung über Walkers Abwahl zu erzwingen. | |
## Unbeschränkte Wahlkampfspenden | |
Die Demokraten ziehen mit dem ehemaligen Bürgermeister von Milwaukee, Tom | |
Barrett, in den Wahlkampf. Das Gesetz in Wisconsin gibt dem Gouverneur das | |
Recht, unbeschränkt Wahlkampfspenden zu sammeln. | |
Sein Herausforderer hingegen darf pro SpenderIn maximal 10.000 Dollar | |
sammeln – Barrett bestritt seinen Wahlkampf mit rund 4 Millionen Dollar. | |
Scott Walker ist ein aufsteigender Star am rechten Rand der | |
Republikanischen Partei. Er ist mit der finanziellen Unterstützung eines | |
Ölkonzerns (Koch Industries) und auf der politischen Erfolgswelle der Tea | |
Party im November 2010 gewählt worden. | |
## Tarifverhandlungen abgesagt | |
Und seine Sparpolitik auf Kosten von öffentlich Bediensteten und seine | |
Absage an Tarifverhandlungen gilt als Vorbild für zahlreiche andere | |
Bundesstaaten. Wenn Walker seinen Durchmarsch in Wisconsin gewinnt, werden | |
zahlreiche RepublikanerInnen im Rest der USA seine Politik kopieren. | |
Im Winter 2010 schaffte es Walker mit seiner gewerkschaftsfeindlichen | |
Politik, zu der auch bis zu neunprozentige Lohnkürzungen für die | |
Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Wisconsin gehörten, die größte | |
Protestbewegung seit Jahrzehnten in seinem Bundesstaat zu provozieren. | |
Das Kapitol von Madison war wochenlang besetzt, täglich fanden | |
Demonstrationen statt. Unter anderem wehten damals ägyptische Fahnen in der | |
Menge. Auf einem viel beachteten Transparent stand: „Aufrecht gehen wie ein | |
Ägypter“. | |
## Flucht nach Illinois | |
Gleichzeitig „floh“ die Minderheit der demokratischen Abgeordneten in den | |
Nachbarbundesstaat Illinois. Die DemokratInnen hätten zwar die Annahme von | |
Walkers Gesetzen nicht verhindern können, aber mit ihrer Abwesenheit | |
zögerten sie die Abstimmung im Parlament um Wochen hinaus. | |
Die Protestbewegung in Wisconsin wurde Monate später zu einem der Vorbilder | |
für die Occupy-Bewegung in den USA. Doch an ihrem Ursprungsort in Wisconsin | |
konzentrierte sie sich vor allem auf Wahlkampf. | |
Sie versuchte – erfolglos –, eine ihr freundlich gesinnte Richterin in das | |
Oberste Gericht des Bundesstaates zu wählen. Sie organisierte Abrufwahlen | |
für mehrere republikanische SenatorInnen – und erreichte einige Erfolge. | |
Und sie arbeitet seit Monaten an der Abwahl von Walker. | |
Die nationale Spitze der demokratischen Partei hat die Ereignisse aus der | |
Ferne verfolgt. Anstelle von Präsident Obama kam am vergangenen Wochenende | |
Expräsident Bill Clinton nach Wisconsin. Bei seinen Auftritten zugunsten | |
von Barrett bezeichnete er den kompromisslosen „Teile-und-herrsche“-Stil | |
von Governor Walker als Gefahr für die Mittelschicht. Meinungsumfragen | |
prognostizieren einen knappen Sieg für Walker. Für Präsident Obama wäre das | |
ein schlechtes Omen. | |
5 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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