# taz.de -- Überraschung in der EM-Gruppe B: Dänen clever, Holländer doof | |
> Robben & Co. scheitern trotz eines Offensivfeuerwerks an einem solide | |
> verteidigenden dänischen Abwehrblock. Die Dänen siegen nicht unverdient | |
> mit 1:0. | |
Bild: Wütend waren die Angriffe der Holländer schon. Reichte aber nicht. | |
So lief das Spiel: Es war die erste große Sensation dieses Turniers. | |
Dänemark schlägt die Auswahl der Niederlande mit 1:0. 28 Torschüsse | |
feuerten die Spieler der Mitfavoriten auf den Titel auf das dänische Tor | |
ab. Viele zu viele davon gingen viel zu weit daneben. Die tapfer, aber | |
nicht gerade überragend verteidigenden Dänen bekamen den Auftaktsieg | |
regelrecht serviert. | |
Von den 28 niederländischen Schüssen waren lediglich acht gut platziert. So | |
kann man nicht gewinnen. Dass die Dänen in Führung gehen würden, konnte | |
sich zunächst niemand so recht vorstellen. Die Niederländer schossen und | |
schossen. Mein Gott, war das einfach! | |
Obwohl sich die Dänen in einer gut anzusehenden Ordnung in der eigenen | |
Hälfte aufgestellt hatten, fiel es den Niederländern nicht besonders | |
schwer, sich ein ums andere mal gute Torchancen herauszuspielen. Nach den | |
ersten 20 Minuten hatten sie schon sieben Mal aufs Tor geschossen und dabei | |
trotz der schwüll-heißen Witterung nicht allzuviele Schweißtropfen | |
vergossen. Doch dann kam Michael Krohn-Dehli. | |
In der 24. Minute reichte ihm eine einzige Körpertäuschung, um sich im | |
niederländischen Strafraum Platz zu verschaffen. Wie es weiterging? Mit | |
Torchancen der Orangenen. Arjen Robbens Pfostenschuss in der 36. war dabei | |
noch die beste. Robin van Persies Verstolperer (43. Minute), kurz nachdem | |
er allein vor dem Tor aufgetaucht war, die am kläglichsten vergeben. Aber | |
jetzt, nach der Pause rannten die Niederländer so richtig an. | |
Ihre Angriffe wütend zu nennen, ist gewiss nicht übertrieben. Ein | |
gewaltiger Schuss von Mark van Bommel (51.) war der deutlichste Ausdruck | |
dieser offensichtlichen Wut. Dänemarks Torhüter Stephan Anderson durfte | |
zeigen, was er kann. Jede Minute ein Torschuss. Niemand im Stadion konnte | |
sich vorstellen, dass das lange gut gehen würde für die Dänen. | |
Doch wer genau hingesehen hat, der konnte feststellen, dass bei den meisten | |
Angriffen der Niederländer nicht mehr als sechs Spieler in die dänische | |
Hälfte aufgerückt sind. Trainer Bert van Marwijk war immer wieder | |
vorgeworfen worden, er lasse zu defensiv spielen. | |
Die sichernde Doppelsechs löste er erst in der 70. Minute auf, als er Nigel | |
de Jong durch Rafael van der Vaart ersetzte. In der selben Minute schickte | |
er den von den Fans schon lange zuvor geforderten Klaas-Jan Huntelaar auf | |
den Platz. Der machte es aber auch nicht besser als seine stürmenden | |
Kollegen. Als er in der 74. Minute allein vor Torwart Anderson auftauchte, | |
schoss er diesem prompt in die Arme. Eine bezeichnende Szene. | |
Der Moment des Spiels: Es ist die 36. Minute des ersten Spiels in Gruppe B. | |
Arjen Robben gelingt ein Geniestreich. Mit der Hacke leitet er einen Pass | |
an Robin van Persie weiter. Der bedankt sich, indem er Robben den Ball so | |
serviert, dass er mit diesem frei vor Dänemarks Torhüter steht. Er schießt | |
nicht. Traut er sich nicht. Sein Querpass findet keinen Abnehmer. Wer diese | |
Szene gesehen hat, konnte sich vorstellen, dass die Niederlande dieses | |
Spiel trotz drückender Überlegenheit vielleicht doch nicht unbedingt | |
gewinnen würden. | |
Der Spieler des Spiels: Michael Krohn-Dehli. Der hat die eine Lücke | |
gesehen, die sich ihm in diesem Spiel aufgetan hat. Wer ihn nicht kennt: | |
Der 29-Jährige spielt abseits der großen Öffentlichkeit seit vier Jahren in | |
der dänischen Liga bei Bröndby IF. | |
Die Pfeife des Spiels: Schiedsrichter Damir Skomina aus Slowenien tat einen | |
Pfiff, vor dem sich die ganze Uefa an diesem Tag gefürchtet hatte. Nachdem | |
das öffentliche Training der Niederländer am Mittwoch in Krakau wegen | |
rassistischer Beleidigungen beinahe abgebrochen worden wäre, hatte die Uefa | |
vor der Partie in Charkiw noch einmal bestätigt, dass die Regeln einen | |
Spielabbruch erlauben würden, sollte es im Stadion zu rassistischen | |
Beleidigungen kommen. | |
Die Schlussfolgerung: Für die deutsche Mannschaft: Gegen die Niederlande | |
wird es nun noch schwerer und gegen Dänemark sicher nicht so leicht, wie | |
sich viele das vorgestellt haben. „Dann müssen wir jetzt eben die Deutschen | |
schlagen. So ist das eben", sagt Bert van Marwijk. | |
Und sonst? Es gab ein Spiel neben dem Spiel. Das trugen die Zuschauer aus. | |
Die zahlreichen Anhänger aus den Niederlanden und die paar Dänen, die nach | |
Charkiw gekommen waren, sind indes nicht daran beteiligt gewesen. Es war | |
der Kampf der russischen gegen die ukrainischen Kehlen, der am Ende wohl | |
unentschieden ausgegangen ist. Nach 25 gespielten Minuten hallten „Rossija, | |
Rossija“. Rufe durch das Stadion. | |
Für die Charkiwer sicher nichts Ungewöhliches, gilt die Stadt unweit der | |
Grenze zu Russland doch als begehrter Partyplatz für wohlhabende | |
Mittelstandsrussen aus dem Grenzgebiet. Akustisch erobern lassen wollten | |
sich die Charkiwer an diesem Tag jedoch nicht und beantworteten die | |
Russland-Sprechchöre postwendend mit „Ukraina, Ukraina“-Rufen. Wie war das | |
doch gleich? Fußball hat nichts mit Politik zu tun? Ja, ja. | |
9 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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