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# taz.de -- Regisseur Klaus Lemke beim Filmdreh: Tu etwas, wofür du dich schä…
> Viel Arbeit: Mit dem regisseur Klaus Lemke in Berlin-Kreuzberg. „Geht
> bloß nicht mit Absichten dorthin. Denn die landen fast immer im
> Massengrab der guten Absichten.“
Bild: Klaus Lemke über Berlin: eine „wunderbar hinterhältigen Stadt“.
Draußen ist es Samstagabend. Der Stürmer Mario Gomez hat soeben das eins zu
null geköpft.
Zur selben Zeit tritt Klaus Lemke auf eine Schaufensterreihe in
Berlin-Kreuzberg zu. Lemke macht sei fünfzig Jahren Filme, darunter sowohl
die romantische Motorrad-Oper „Rocker“ als auch einige der charmantesten
Bilder-Parlandos, die je in und um München entstanden sind. Lemke hat mit
viel Geld gedreht und kommt heute mit weniger aus. Er trägt eine
Schiebermütze, ein weißes T-Shirt und eine Jeans mit malerischen Rissen. Er
ist 71 und fit wie ein Turnschuh.
Jetzt schaut er durch die Scheiben in den Raum dahinter. Dort sitzt der
Musiker Thomas Mahmoud lässig vor ein paar Synthesizern. Die Filmerin Tini
Bönig macht sich spielerisch die Haare. W. Gladow, ein Schurke im
Nadelstreifenanzug, überlegt, ob er seine Hände aus den Hosentaschen nehmen
soll.
Jeden von ihnen hat Lemke für seinen neuen Film besetzt. Sobald er
eintritt, stehen alle unter Spannung. Mahmoud spielt einen Filmvorführer,
zu dem entweder neue Leute stoßen oder dem seine Vergangenheit über den Weg
läuft. Früher drehte er Dinger mit Gladow, jetzt will er als Musiker
berühmt werden. Seine Karriere hat noch nicht abgehoben. Kein Publikum ist
in Sicht, und Mahmouds Maschinen haben bessere Tage gesehen. Gladow mustert
ihn und fasst seinen Eindruck zusammen: „Jung kaputt spart Altersheim.“
Mahmoud ist sofort auf 180. Er erwähnt zwei Jahre Haft in Moabit, die
hinter ihm liegen. Er berichtet, dass er sein Leben geändert hat. Er faucht
Gladow an, dass er ihn nicht mehr gebrauchen kann.
## Lemke rät: „Sei nicht so nett“
Als der sich getrollt hat, nähert sich Tini Bönig dem Wüterich. Sie hat
Zeit, als sie sagt: „Da habe ich mir ja einen richtigen Sieger gezogen.“
Sie führt ihn aus dem Raum zur Toilette und greift ihm beherzt in den
Schritt. Mahmoud hebt abwehrend die Hände und erklärt, dass er nur noch für
die Kunst im Allgemeinen und für seine Musik im Besonderen lebe. Bönig
darauf: „Na, dann kann ich ja bei dir einziehen.“ Lemke lässt sie den Satz
wiederholen und rät ihr vorher: „Sei nicht so nett.“ Die Dreharbeiten für
„Berlin Texas“ haben begonnen.
Zwei Tage vorher sprach Lemke vor angehenden Filmregisseuren, so wie kein
einziger der hundert Anwesenden je einen Kollegen hat sprechen hören. Lemke
sagte: „Tu etwas, wofür du dich schämst, und du kriegst eine gute
Filmszene.“ Er sagte auch: „Die Orte, an denen ein Film spielen soll, sehe
ich zum ersten Mal, wenn wir dort anfangen zu drehen. Geht bloß nicht mit
Absichten dorthin. Denn die landen fast immer im Massengrab der guten
Absichten.“
In seinem zuletzt gezeigten Film „Berlin für Helden“ lässt sich sehr sch�…
beobachten, was passiert, wenn keine Absichten im Weg stehen: Es wird Platz
für die Liebe geschaffen. In dieser, wie Lemke sie nennt, „wunderbar
hinterhältigen Stadt Berlin, die zwischen Kriegskatastrophen und
Finanzkatastrophen hin- und herschlittert“. In einem Bilderrhythmus, bei
dem man gerne mitwill. In Gang gesetzt von einem – das sollte man nicht
vergessen –, der aus dem Vollen schöpft, aus viel, viel Arbeit und
unendlich vielen, guten und nicht ganz so guten Erfahrungen.
Nach dem Abpfiff ist es ruhig in Kreuzberg. Viele neue Fans haben die
Deutschen mit dem Spiel nicht gewonnen. Auf Lemke dagegen wurden zuletzt
wieder mehr Menschen aufmerksam, auch Leute vom Fach. Er hat wieder einige
Preise gewonnen. Vielleicht, weil er am eindrucksvollsten vorführt, wie
sich Leichtigkeit als Filmsprache durchsetzen lässt. Es sieht so aus, als
würde mit Lemke demnächst so richtig was passieren.
10 Jun 2012
## AUTOREN
Kristof Schreuf
## TAGS
Deutscher Film
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für überbewertet.
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