# taz.de -- SPD-Parteitag: Ende eines schönen Traums | |
> Schade ist nicht, dass die Berliner SPD ihren Vorsitzenden auswechselt - | |
> schade ist, wie sie es tut: Auf Basis vorangegangener Entscheidungen. Das | |
> gesprochene Wort und der jeweilige Auftritt beim Parteitag hatten an | |
> diesem Wochenende fast null Einfluss auf das Ergebnis. | |
Bild: Beschnuppern nach der Wahl: Klaus Wowereit (l.) und Jan Stöß. | |
Es gab da mal eine schöne Idee. Menschen sollten sich treffen, Argumente | |
anhören, Kandidaten vergleichen und am Ende abstimmen. Parlament nannte man | |
einen solchen Ort, vom französischen parler – reden. Dort ist das längst | |
nicht mehr so, es geht fast immer nach Fraktionszwang. Parteitage aber | |
konnten gelegentlich noch so ein Ort sein, an dem sich Dinge entwickeln, wo | |
das gesprochene Wort etwas bewegt. Am Wochenende blieb das ein naiver | |
Traum: Der SPD-Parteitag war kein Wettstreit von Ideen und ihrer besten | |
Darstellung, sondern reine Abstimmungsmaschinerie. | |
## Reden ohne Resonanz | |
122 Delegierte hatte man vor dem Parteitag Jan Stöß zugeordnet, weil sich | |
zuvor ihre Kreisverbände für ihn ausgesprochen hatten, 103 für Müller. Bis | |
auf eine Stimme änderte sich daran nichts, als nach fast sieben Stunden das | |
Ergebnis stand. Dass Müller die deutlich bessere Rede hielt, wie auch | |
Stöß-Fans zugaben, dass die besseren Diskussionsbeiträge vom Müller-Lager | |
kamen, all das bewirkte – nichts! | |
Dabei soll es hier nicht um Stöß oder Müller gehen, sondern ums Prinzip: | |
dass man sich nämlich Parteitage sparen kann, wenn es sowieso egal ist, wer | |
dort wie auftritt. Zwei Alternativen bieten sich an: entweder schlicht im | |
Umlaufverfahren die Kreisverbände abfragen. Oder den Parteichef direkt von | |
allen Mitgliedern statt von Delegierten wählen zu lassen. | |
Das Ganze ist kein SPD-Phänomen: Bei den Grünen-Realos kursierte 2011 vor | |
der Kandidatenauswahl der Hinweis, sich auf keinen Fall von guten Reden | |
leiten zu lassen und andere als die verabredeten Leute zu wählen. | |
10 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Stöß und Diepgen im Zoo: Alphatiere im Flusspferdhaus | |
Der neue SPD-Chef Jan Stöß muss sich mal wieder mit Hackordnungen | |
auseinandersetzen. | |
Führungsstreit bei der SPD: Wer ist hier der Boss? | |
Neben dem Fraktionschef hat Klaus Wowereit künftig auch noch den neuen | |
Parteichef im Nacken. Der kündigt als erstes an, die S-Bahn nicht in Teilen | |
ausschreiben zu wollen |