# taz.de -- Energie: Lange Leitungen | |
> Der Umweltausschuss lud zur Anhörung: Wer soll die Energienetze künftig | |
> betreiben - und wie? Der bisherige Betreiber Vattenfall beantwortete | |
> nicht alle Fragen. | |
Bild: Strom aus Sonnenenergie. Nur: Wer betreibt das Netz? | |
Die Sichtweisen könnten nicht unterschiedlicher sein, als im | |
Umweltausschuss am Mittwoch die Konzepte gehört werden, wie und von wem die | |
Berliner Energienetze in Zukunft betrieben werden sollen. Da sind zum einen | |
die bisherigen Betreiber, Gasag und Vattenfall – deren Position: Alles | |
läuft bestens. Zum anderen sind da jene, die im Sinne der Umwelt und der | |
Bürger alles besser machen wollen. | |
„Wir haben sehr hohe Effizienwerte“, sagt Olaf Czernomoriez, | |
Vorstandsmitglied der Gasag. Das Unternehmen sehe sich „gerüstet“, um | |
wieder den Zuschlag zu erhalten, sagt Erik Landeck, Geschäftsführer der | |
Vattenfall-Netzgesellschaft. Landeck sieht hinüber zu den Nebenbuhlern, die | |
sich über viel Sympathie von Seiten der Abgeordneten freuen dürfen: Der | |
Berliner Energietisch, der das Netz zurück in Landeshand bringen will und | |
per Volksbegehren eine Rekommunalisierung des Stromnetzes fordert, und die | |
Genossenschaft BürgerEnergie Berlin (BEB), die das Netz selbst übernehmen | |
will. | |
Die Konzession für das Gasnetz läuft Ende 2013 aus, die für Strom 2014. | |
Acht Unternehmen haben sich um das Stromnetz beworben, sechs wollen gerne | |
das Gasnetz betreiben. Darunter ist jeweils eine landeseigene Gesellschaft | |
– vorsichtshalber, falls Berlin den Weg der Rekommunalisierung geht. | |
## Netz in Landeshand | |
Rein rechnerisch gibt es bereits jetzt eine deutliche Mehrheit für ein | |
Stromnetz in Landeshand, zumindest wenn man die Haltungen der Parteien | |
betrachtet: Nachdem sich am Wochenende auch die SPD für die Unterstützung | |
des Volksbegehrens ausgesprochen hat, sind alle im Abgeordnetenhaus | |
vertretenen Parteien außer der CDU dafür – fast eine Drei-Viertel-Mehrheit. | |
Es hängt also vor allem davon ab, ob die SPD sich gegenüber ihrem | |
Koalitionspartner CDU durchsetzen kann. | |
Energietisch und Genossenschaft sehen sich ausdrücklich nicht als | |
Konkurrenten. Beide sind davon überzeugt, dass den Energienetzen eine | |
Schlüsselrolle bei der Energiewende zukommt. Die Netze sollen fit gemacht | |
werden für eine verstärkte Einspeisung dezentral erzeugter Energien. Die | |
Erträge sollen möglichst in der Region bleiben und auch in Ökokraftwerke | |
investiert werden. Die Genossenschaft will einen Teil ihrer Gewinne aber | |
auch an ihre Mitglieder ausschütten. | |
Momentan sei der Netzbetrieb ja streng reguliert – „aber wer weiß, wie es | |
mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und den Netzentgelten in 20, 30, 40 | |
Jahren aussieht?“, fragt Stefan Taschner, Sprecher des Energietisches. „Die | |
Energielandschaft wird sich ändern“, sagt Hartmut Gaßner, | |
BEB-Aufsichtsratsvorsitzender. Da müsse man jetzt schon die richtigen | |
Weichen stellen. | |
Die Vattenfall-Vertreter gehen in eine Verteidigungshaltung über: Um die | |
Energiewende voranzubringen, könne man als Netzbetreiber nicht viel | |
ausrichten. Und auf manche Fragen der Abgeordneten wollen sie lieber gar | |
nichts sagen: Ob Vattenfall etwa auch eine Minderheitsbeteiligung mit dem | |
Land mitmachen würden. Oder wie viel Gewinn die konzerneigenen | |
Servicegesellschaften erwirtschaften. Denn nur ein kleiner Teil der | |
Vattenfall-Mitarbeiter, die für das Netz zuständig sind, sind bei der | |
Netzgesellschaft angestellt. Diese machte im vergangenen Jahr einen Gewinn | |
von 105 Millionen Euro. „Wettbewerbsrechtliche Gründe“ stünden der | |
Veröffentlichung entgegen, sagt Vattenfall-Geschäftsführer Landeck, | |
verspricht aber zugleich zu prüfen, „wie wir dem Wunsch nach Transparenz | |
nachkommen können.“ Umweltsenator Michael Müller (SPD) kündigt an, dass im | |
Herbst Gutachten zum Netzwert vorliegen werden. | |
13 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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