# taz.de -- Die Peace Wall ist weg: Rückkehr der Mauerspechte | |
> Zwei Wochen früher als geplant wurde die "Peace Wall" in der | |
> Friedrichstraße demontiert. HändlerInnen und AnwohnerInnen hatten sich | |
> über das Biennale-Werk beschwert. | |
Bild: Symbolische Teilung zwischen armer und reicher Friedrichstraße. | |
Am Donnerstagmittag ist die „Peace Wall“ nur noch ein Gerüst. Durch die | |
Luft schweben an einem Kran die tonnenschweren Betonquader, die der zwölf | |
Meter breiten und fünf Meter hohen Wand zwei Monate lang das Stehvermögen | |
garantiert hatten. | |
Michael Hilpert leitet den Abbau der „Mauer“ aus Wellblech und schwarz | |
gestrichenem Sperrholz, die die Künstlerin Nada Prlja im Rahmen der Berlin | |
Biennale auf der südlichen Friedrichstraße errichtet hat. „Ich finde das | |
Projekt gut“, sagt der Gerüstebauer. „Aber wenn die Händler dadurch Geld | |
verlieren, ist das natürlich schlecht.“ Am Straßenrand beobachtet ein | |
älterer Herr in Cord und Mütze das Geschehen. „Diese Künstlerin und die | |
Politiker gehören für 30 Jahre ins Gefängnis – mindestens!“, empört sich | |
der Mann mit osteuropäischem Akzent. | |
Die in Skopje geborene und in London lebende Prlja wollte mit der quer über | |
die Straße gezogenen Barrikade den Kontrast zwischen der schicken | |
nördlichen Friedrichstraße und deren Südende verdeutlichen – dem Teil, der | |
zu Kreuzberg gehört und wirtschaftlich viel schwächer dasteht. | |
Die Provokation ist zweifellos gelungen. Die Schuhmacherin Hendrikje | |
Ehlers, die ein paar Meter ihr Geschäft hat, freut sich über den Abbau. Ihr | |
Umsatz sei wegen der „Peace Wall“ zurückgegangen. Und die Mauer habe dem | |
Ruf des Viertels geschadet. „Das hier ist kein Ghetto. Es ist ein Luxus, | |
dass sich Arme und Reiche diese Straße teilen.“ Ehlers räumt ein, dass die | |
Mieten in der Gegend spürbar steigen. „Aber dieses Kunstwerk ist der | |
falsche Weg. Die Politik muss mehr tun“, fordert sie. Zum Abschied hat sie | |
der Mauerbauerin eine Minimauer aus Rigips-Platten hingestellt. „Take Away | |
Wall for Nada Prlja“ steht darauf. Mitgenommen hat sie die Künstlerin, die | |
am Donnerstagmorgen vor Ort war, nicht. | |
Frank Wille vom Sozialkaufhaus Motz findet, das Kunstwerk hätte wie geplant | |
bis zum 1. Juli stehen bleiben sollen. „Kunst soll doch provozieren. Sie | |
muss nicht schön sein. Die Gentrifizierung ist ja auch nicht schön.“ | |
Gerüstbauer Hilpert und seine Kollegen sind fast fertig. Hilpert blickt die | |
Friedrichstraße nach Süden hinunter und sinniert über die Teilung, die das | |
Kunstwerk aufzeigen sollte. „Ich denke mal, das ist der reiche Teil. Ist ja | |
Westberlin.“ Manche Mauern stehen eben immer noch. | |
14 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kulms | |
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