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# taz.de -- Es geht ein Riss durch Ritterhude: Sag Ja, wenn du Nein meinst
> Am Sonntag stimmt die Gemeinde über einen neuen Sportplatz ab. Doch es
> geht um viel mehr als das - aber schon die bloße Fragestellung birgt
> Probleme.
Bild: Grund für scharfe Kontroverse: Sportplatz.
BREMEN taz | Demokratie fängt auf dem Sportplatz an. Wobei: Manchmal endet
sie da auch schon wieder. Denn wenn Sie für den Bau des Sportplatzes am
Heidkamp in Ritterhude sind, dann stimmen Sie am Sonntag mit Nein. Und
umgekehrt. Das niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz will es so.
Das Begehren einer Bürgerinitiative (BI), so steht da geschrieben, muss mit
Ja beantwortet werden können. Und die BI, allen voran der Seniorenbeirat,
ist eben dagegen. Oder dafür, je nach Sichtweise. Da kann man schon mal
falsch abstimmen. Ist wohl auch schon passiert, also bei den
BriefwählerInnen. Und allein davon gibt es viele hier in Ritterhude.
Bis Freitag haben schon gut 600 der 12.249 Stimmberechtigten abgestimmt,
das sind bald so viele wie bei der Kommunalwahl im letzten Jahr – da kamen
870 Leute. Es geht um viel bei diesem Sportplatz der SG Platjenwerbe:
Dieser Streit währt schon 20 Jahre. „Es geht ein Riss durch Ritterhude“,
sagen sie in der Kleinstadt am Rande Bremens.
Da gibt es das Zentrum, 1182 erstmals urkundlich erwähnt. Und da gibt es
die Peripheriegemeinden, die erst seit der Gebietsreform – 1974 war das –
zu Ritterhude gehören, allen voran Platjenwerbe. Das wiederum, 2.300
Einwohner groß, gehört, praktisch gedacht, seit eh und je zu Bremen. Mit
Ritterhude, heißt es im Ort, da sind sie nie richtig warm geworden, ja, sie
waren „immer außen vor“.
Susanne Geils, die SPD-Bürgermeisterin widerspricht dem vehement,
natürlich. Gegen den neuen Sportplatz ist sie trotzdem, so wie die Grünen,
aber anders als ihre eigene Partei. Sie würde ja gerne, sagt sie immer
wieder. Aber ach, das Geld. Die Kosten für den Sportplatz mit Naturrasen
werden auf 2,4 Millionen Euro beziffert, eine halbe Million soll allein der
Acker an der Autobahn nach Bremerhaven kosten, der noch dazu zur Gemarkung
Ihlpohl gehört, wie es korrekt heißt, also gar nicht zu Platjenwerbe.
Und der Schuldenstand der Stadt, sagt Geils, läuft auf die 50 Millionen zu,
das jährliche Defizit auf vier Millionen. Und noch was spricht aus Geils
Sicht gegen das Projekt: „Wir werden in Ritterhude immer weniger.“ Die Zahl
der Geburten in Ritterhude geht seit Jahren zurück. Auch wenn die SG
Platjenwerbe heute gut 1.100 Mitglieder hat, doppelt so viele wie 1970.
Aber es gehe doch um eine „wichtige soziale und gesellschaftspolitische
Aufgabe“, sagt der Sportverein, der mindestens schon seit den Neunzigern
für diesen Platz kämpft. Die Kinder, die Jugend, Platjenwerbe überhaupt.
Nein zu sagen, heiße die „Sportplatzmisere in der gesamten Gemeinde zu
lindern“. Und auch da fühlen sie sich in Niedersachsen benachteiligt. Denn:
In Ritterhude, da teilen sich sechs Vereine fünf Plätze, anderswo im
Landkreis Osterholz, da habe jeder von ihnen zwei eigene.
Auf dem Sportplatz am Heidkamp aber, so will es der Schallschutz in dem
angrenzenden Wohngebiet, dürfte werktags nur an sechs, sonntags gar nur an
zwei Stunden gespielt werden. Der Gemeinderat war trotzdem dafür. Um seine
Pläne zu kippen, müsste im 75. niedersächsischen Bürgerentscheid nicht nur
die einfache Mehrheit, sondern zugleich mindestens ein Viertel der
Wahlberechtigten mit Ja stimmen. Das sind exakt 3.063. Ob die direkte
Demokratie am Ende Frieden nach Ritterhude bringt? Wohl nicht. „Die
Auseinandersetzungen“, sagen sie im Ort, „die werden weitergehen.“
15 Jun 2012
## AUTOREN
Jan Zier
## TAGS
Schwerpunkt AfD
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