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# taz.de -- Parlamentswahl in Griechenland: Europa vielleicht gerettet
> Bei der Parlamentswahl in Griechenland deutet alles auf einen
> rechnerischen Sieg der Eurobefürworter hin. Die Konservativen landen vor
> den Linksradikalen, die Faschisten holen 7 Prozent.
Bild: Kann heute Abend erstmal feiern: Antonis Samaras vom Wahlsieger Nea Dimok…
ATHEN dpa | Ja zum Euro, Ja zu Europa und Jein zum Sparpakt: Bei der
Parlamentswahl in Griechenland hat sich ein rechnerischer Sieg der
Eurobefürworter abgezeichnet. Nach Auszählung von mehr als zwei Drittel
aller Stimmen wird die konservative Partei Nea Dimokratia mit rund 30,1
Prozent stärkste politische Kraft.
Falls die ebenfalls proeuropäischen Sozialisten eine Regierungskoalition
eingehen, könnten beide Parteien über 164 der 300 Sitze verfügen. Beide
Parteien wollen zwar den Reform- und Sparkurs fortsetzen, aber mit den
Geldgebern über Erleichterungen reden. Das Bündnis der radikalen Linken,
das den Sparpakt aufkündigen will, erzielte 26,5 Prozent der Stimmen.
In letzter Konsequenz ging es bei der Wahl am Sonntag um die Frage, ob
Athen in der Eurozone bleibt oder zur Drachme zurückkehrt – mit
unabsehbaren Folgen. Deshalb schauten sowohl die EU als auch die
internationalen Finanzmärkte mit bangen Blick auf den Ausgang der
Schicksalswahl. Die Nervosität an den Finanzmärkten ist nicht nur wegen
Griechenland, sondern auch angesichts der Probleme in Spanien und Italien
extrem hoch.
## "Harte Zeiten für Bürger und Finanzmärkte"
Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise sieht "harte Wochen mit Unsicherheiten"
für die Bürger und Finanzmärkte bevorstehen. Die Parteien in Griechenland
hätten rund vier Wochen Zeit, bis die nächsten größeren Zahlungen für
Griechenland aus den Hilfspaketen freigegeben oder gestoppt würden. Sollte
Griechenland keine Hilfe mehr bekommen, droht ein Staatsbankrott mit
anschließendem Austritt aus der Eurozone.
Der Parteichef der Konservativen, Antonis Samaras, sagte in seiner
Siegesrede, das Volk habe die Politiker gewählt, die für Wachstum und
Verbleib im Euroland seien. "Griechenlands Position in Europa wird nicht
mehr gefährdet sein." Samaras lud alle politischen Kräfte ein, sich an
einer Regierung der nationalen Rettung zu beteiligen.
Der Parteichef der Sozialisten, Evangelos Venizelos, schlug die Bildung
einer möglichst breiten Regierung aus Konservativen, Sozialisten, radikalen
sowie gemäßigten Linken vor. Anos Skourletis, Sprecher der Radikallinken,
bezeichnete alle Diskussionen über die Bildung einer Regierung der
nationalen Einheit mit Konservativen und Sozialisten als lächerlich.
Parteichef Alexis Tsipras sagte, seine Partei wolle stärkste
Oppositionskraft bleiben. Das Volk habe innerhalb von sechs Wochen zum
zweiten Mal das Sparpaket verurteilt.
## EU erwartet Sparpolitik
Die Euro-Finanzminister erwarten von einer neuen Regierung in Griechenland
eine Fortführung des vereinbarten Spar- und Reformprogramms. Sparkurs und
Strukturreformen seien "Griechenlands bester Weg, die gegenwärtigen
wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu überwinden", teilte
Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am späten Sonntagabend in einer
Erklärung mit.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bot dem hoch verschuldeten Euroland
Aufschub bei der Umsetzung des Sparprogramms an. "Ich kann mir gut
vorstellen, über Zeitachsen noch einmal zu reden", sagte Westerwelle am
Sonntagabend in der ARD. "Am Weg der Reformen führt kein Weg vorbei", fügte
er hinzu.
Für Finanzminister Wolfgang Schäuble CDU) hat das mit Griechenland
gemeinsam erarbeitete und vereinbarte Reformprogramm nur einen Zweck:
Griechenland zurück auf den Weg wirtschaftlicher Prosperität und Stabilität
zu führen. "Der Weg dorthin ist weder kurz noch leicht, aber er ist
unvermeidlich. Und er eröffnet dem griechischen Volk die Perspektive auf
eine bessere Zukunft", ließ Schäuble am Sonntag in Berlin mitteilen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Samstag gesagt, dass Europa
nur funktionieren könne, wenn sich alle Mitgliedsstaaten an
Haushaltsdisziplin hielten. Mit der bisherigen Praxis "Versprochen –
gebrochen – nichts passiert" müsse Schluss sein. "So geht das in Europa
unter keinen Umständen weiter."
Bei der Parlamentswahl schnitt auch die faschistische Partei Goldene
Morgenröte wieder gut ab. Sie erreichte 6,9 Prozent. Die
rechtskonservativen Unabhängigen Griechen erhalten 7,4, und die gemäßigte
demokratische Linke 6 Prozent. Die Kommunisten kommen demnach auf 4,5
Prozent.
Nach dem Wunder von Warschau, wo die griechische Fußball-Nationalmannschaft
mit einem Sieg über Russland überraschend ins EM-Viertelfinale eingezogen
war, hatten Gegner wie Befürworter des Sparpakts auf einen Sieg gehofft.
Die zweite Wahl binnen sechs Wochen war notwendig geworden, weil Gegner und
Befürworter des Spar- und Reformprogramms nach der Parlamentswahl vom 6.
Mai keine Mehrheit für eine Regierungsbildung finden konnten.
17 Jun 2012
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Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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