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# taz.de -- Kroatien bei der Fußball-EM: Schuld waren nur der Schiri und Gott
> Sie waren das kämpferischste Team. Sie hatten den spanischen Stier an den
> Eiern. Ihr Trainer ist Rock'n'Roll. Es brauchte schon Jesus, um die
> Kroaten aus dem Turnier zu schießen.
Bild: Hätte er mal besser den Jesus aus dem Spiel gelassen. Kroatischer Fan be…
Die kroatischen Fußballspieler sind zurück im Land, wo Sljivovic und Plavac
fließen und wo sie als echte Superstars gefeiert werden. Sie werden die
Ukraine und Polen nicht vermissen. Aber uns werden sie fehlen. Sie waren
das kämpferischste Team des Turniers. Sie sorgten dafür, dass in ihrer
Gruppe C Italien und Spanien, die letzten beiden Weltmeister, nicht wie
erwartet ins Viertelfinale spazierten – sondern bis wenige Minuten vor
Schluss zittern mussten.
Letztlich lag es natürlich an Gott. Denn der hatte sich offenkundig von den
Vertretern eines der katholischsten Länder Europas abgewendet: Ausgerechnet
Jesus schoss die Kroaten aus dem Turnier.
Neben Gott verlässt auch Slaven Bilic das kroatische Team. Es war sein
letztes Turnier als Trainer. Auch ihn werden einige vermissen. Denn Bilic
ist definitiv ein lik, ein Gesicht: Er ist jung, er ist Rock ’n’ Roll, er
ist Augenringerekordhalter, Drogenkonsument, schlank und
Wollmütze-mit-Anzug-Träger. Er sagt: „Entschuldigungen sind nicht mein
Stil“, und hält seinen Torwart Stipe Pletikosa selbstverständlich für den
Weltbesten und sein Team für eines, das in die Geschichte eingehen wird.
Denn in der „einzig wahren Todesgruppe“ ist das kroatische Team „tapfer u…
stolz gefallen“.
Natürlich kann ein Kroate nicht anders, als martialische Schlagzeilen über
das Ausscheiden seiner Mannschaft zu produzieren. Aber Hand aufs
Schachbrett: So war es wirklich! Mit den Iren spielten sie Pingpong,
Italien ließen sie kommen, und die Tikitaka-Spanier ließen sie dastehen wie
Idioten. Den Plan, den Weltmeister zu neutralisieren, damit tiki taka ne
sljaka, haben sie mit faszinierender Perfektion erfüllt. Sie stellten ihre
Schienbeine vor jeden Spanier, den sie kriegen konnten, und überhaupt
stellten sie sich selbst überall hin, wo auch nur irgendein spanisches
Passspiel hätte stattfinden können.
## Wie ein Maestral
Und dann gab es unter den elf Helden auch noch den kroatischen Johan
Cruyff: Luka Modric. Er fegte wie der adriatische Seewind Maestral über den
Rasen und lieferte die perfekte Vorlage für das Tor, das die spanische
Apokalypse bedeutet hätte – hätte Rakitic es denn gemacht, anstatt den
spanischen Torwart anzuköpfen.
Bilic hat aber nicht alles richtig gemacht und das während des gesamten
Turniers. Den erfolgreichsten kroatischen Stürmer Eduardo gegen Spanien
erst in der 80. Minute zu bringen, gegen Italien erst in der 83. und gegen
Irland sogar erst in der 89. Minute, bei allem Respekt, ist irre! Denn
Eduardo ist der Mann, der weiß, wie man Modrics oder Kranjcars Torvorlagen
auch nutzen kann.
Hatte Bilic etwa keine Lust, dass ein Schwarzer die Kroaten ins
Viertelfinale schießt? Denn Coolness am Spielfeldrand hin oder her– in der
Kabine ist Bilic weniger sexy: Zur Einstimmung auf ein Spiel lässt er schon
mal die kroato-faschistischen Lieder des kroato-faschistischen Popsängers
Thompson laufen. Selbstverständlich ist für ihn nicht der in Den Haag
verurteilte kroatische General Ante Gotovina ein Verbrecher, sondern der
deutsche Schiedsrichter Wolfgang Stark. Und nie hat er dem
ultranationalistischen kroatischen Fußballverband widersprochen, der
glaubt, dass „nicht Kroatien ein Hooliganproblem hat, sondern Michel
Platini“.
Insofern ist die EM-Welt jetzt auch wieder in Ordnung, denn mit dem
Favoritenschreck verschwinden die letzten „Arschlöcher“ (Platini) von der
EM-Tribüne. Und wer die Schachbrettgesichter trotzdem vermisst, kann sich
ja seine rot-weiß-karierten Geschirrhandtücher um den Hals binden.
19 Jun 2012
## AUTOREN
Doris Akrap
Doris Akrap
## TAGS
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Mixed Zone
Kroatien
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