# taz.de -- Zukunft der „Frankfurter Rundschau“: Gackern über ungelegte Ei… | |
> Mehrheitseigner DuMont will die „Frankfurter Rundschau“ verkaufen. Die | |
> SPD-Presseholding ist über die Verlautbarung empört – und alle rudern | |
> zurück. | |
Bild: Nur für ernsthafte Kaufinteressenten zu haben: Frankfurter Rundschau in … | |
Selten hatte man Verlagsmanager so stinksauer gesehen: Am Tag, an dem die | |
SPD-Presseholding DDVG ihre Bilanz in Hamburg vorstellte, war in Köln | |
DuMont-Vorstand Franz Sommerfeld schon mal vorgeprescht und hatte in der | |
Financial Times Deutschland (FTD) laut über einen möglichen Verkauf des | |
gemeinsamen Sorgenkindes Frankfurter Rundschau (FR) nachgedacht. | |
Bei dem seit Jahren kriselnden Blatt ist DuMont Mehrheitseigentümer (50 | |
Prozent), die DDVG ist mit 40 Anteilsprozenten dabei. „Es ist völlig | |
überflüssig, öffentlich über ungelegte Eier zu gackern“, sagte | |
DDVG-Geschäftsführer Jens Berendsen, der von den Kölner Überlegungen kalt | |
erwischt wurde. | |
Die SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks, die bei der DDVG als | |
„Generaltreuhänderin“ ihrer Partei das Sagen hat, wurde noch etwas | |
deutlicher: „Dass in einem Medienhaus wie DuMont ein früherer Chefredakteur | |
so unverantwortlich schwadroniert“, sei ja wohl das Letzte, spielte | |
Hendricks auf Sommerfelds früheren Job als Chefredakteur des | |
DuMont-Stammblatts Kölner Stadtanzeiger an. | |
„Wenn er schon nicht mit Zahlen umgehen kann, sollte er wenigstens mit | |
Worten umgehen können“. Und Berendsen legte nochmal nach: „Herr Sommerfeld | |
ist noch nicht lange in dieser Funktion, ich gehe davon aus, dass er da | |
noch hinein wächst“. | |
## Nur theoretische Äußerungen | |
Sommerfeld, seit immerhin 2009 bei DuMont Zeitungsvorstand, hatte der FTD | |
gesagt, „wenn wir einen hochinteressierten Käufer finden, der uns viel Geld | |
dafür zahlen würde, würden wir das natürlich prüfen“. Am Mittwoch beeilte | |
sich der Konzern, die Äußerungen wieder einzusammeln: Die FR stehe nicht | |
zum Verkauf, erklärte Sommerfeld der dpa, und fügte leidlich verräterisch | |
hinzu: „Wir haben auch kein ernsthaftes Kaufangebot“. Und der | |
Konzernsprecher ließ mitteilen, Sommerfelds Äußerungen seien nur | |
theoretisch gemeint. | |
In der Praxis dürften sie bei der FR neue Unruhe schüren: Die Auflage des | |
Blattes sinkt weiter, weil 2011 die Anzeigenerlöse nochmal stärker als | |
erwartet einbrachen, ist auch die für 2013 eigentlich erhoffte „Schwarze | |
Null“ schon wieder in weite Ferne gerückt. | |
Laut Geschäftsbericht 2010 war für 2011 ein Verlust von 15,8 Millionen Euro | |
kalkuliert, der nun offenbar noch höher ausfällt. Konkrete Zahlen nannte | |
DDVG-Mann Berendsen hier natürlich nicht. Die DDVG verzichtete aber 2011 | |
wie schon in den Vorjahren auf die Rückzahlung von der FR gewährten | |
Darlehen. | |
Während in Köln und Frankfurt immer mal wieder Gerüchte über ein mögliche | |
Einstellung des 2006 mehrheitlich von DuMont übernommenen Traditionsblatts | |
die Runde machen, heißt es bei der DDVG, beide Unternehmen hätten sich „bis | |
2015 committed“. | |
## Und jetzt die gute Nachricht | |
Für die SPD insgesamt hielt die DDVG aber gute Nachrichten bereit: Nachdem | |
unter anderem die FR eine ziemlich verhagelte 2010er Bilanz vorlegte, | |
konnte die Holding für das Geschäftsjahr 2011 wieder einen leichten | |
Jahresüberschuss von 900.000 Euro vermelden. | |
Da man in guten Jahren die Bilanzgewinne nicht komplett ausgeschüttet, | |
sondern vorgetragen hatte, kann sich die SPD über 7,1 Millionen Euro | |
freuen, von denen nach Steuern & Co. rund 6 Millionen in die Parteikasse | |
fließen. Möglichen macht es der Rest der Holding, die an rund 20 | |
Regionalzeitungen zumeist Minderheitsbeteiligungen (siehe Kasten) hält. Vor | |
allem die Expansion der Hannoveraner Verlagsgruppe Madsack, an der die DDVG | |
mit 23,1 Prozent beteiligt ist, macht Berendsen Spaß: „Wenn Madsack wächst, | |
wachsen wir mit“. | |
Und noch einen Trost konnten die sozialdemokratischen Verleger, die auf die | |
politischen Inhalte der mit ihnen verbandelten Blätter keinen Einfluss | |
nehmen, in Hamburg mitnehmen: Das früher von den Unionsparteien und der FDP | |
stets verlässlich vernehmebare Gemoser, dass einer Partei doch besser gar | |
keine Medienbeteiligungen erlaubt sein sollten, ist in diesem Jahr | |
verstummt. | |
20 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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