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# taz.de -- Trotz Bürgerbeteiligung: Die Reichsstraße wird verlegt
> Der Bezirk Mitte will ein Beteiligungsgremium für Detailfragen schaffen.
> Anwohner bezeichnen das als Farce und werfen SPD-Politikern vor, gelogen
> zu haben.
Bild: Schneise durch den Stadtteil: Laster auf der Wilhelmsburger Reichsstraße.
Beim Versuch, die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße doch noch zu
verhindern, wird ein Teil der Elbinsel-Bewohner sehr deutlich. Bei einer
Demonstration am Sonnabend in der Innenstadt bastelten die „Engagierten
Wilhelmsburger“ den SPD-Politikern Olaf Scholz, Michael Neumann und Frank
Horch symbolisch Lügennasen ins Gesicht. Der jetzige Bürgermeister Scholz
und sein Innensenator Neumann hätten in der Opposition versprochen, es
werde eine faire Bürgerbeteiligung und einen Umbau der Pläne geben. „Nichts
ist passiert“, schimpfen die Demo-Organisatoren.
Tatsächlich hatte die SPD sich bei der Abstimmung zur Freigabe der
Planungsmittel Anfang 2011 zwar enthalten, zugleich aber deutlich gemacht,
dass sie die Verlegung für richtig halte. Um die Einzelheiten der Planung
zu diskutieren, will der Bezirk Mitte jetzt einen Sonderausschuss
einrichten, in dem auch Bürger sitzen sollen. „Sollten die Ergebnisse der
Beteiligung dies erforderlich machen, sollen die Planungsunterlagen neu
ausgelegt werden“, heißt es in dem Beschluss. Erst nach dem Ende des
Beteiligungsverfahrens dürfe gebaut werden.
Die vierspurige Reichsstraße ist neben der Autobahn 1 und der Eisenbahn
eine von drei Verkehrsschneisen, die den Stadtteil zerschneiden. Würde die
Reichsstraße an die Bahntrasse verlegt, fielen eine Schneise und eine
Lärmquelle weg. Dafür würde die neue Straße an der Bahntrasse nicht so
schmal bleiben wie die Reichsstraße, sondern so breit werden wie eine
Autobahn. Der Lärm an der Bahntrasse würde sich durch den Bau von
Lärmschutzwänden zwar verringern, wegen des Autoverkehrs aber verstetigen:
„Es droht ein Dauerrauschen direkt an den Wohnquartieren von 25.000
Menschen“, behauptet die Initiative.
Eine Reihe außerparlamentarisch engagierter Wihelmsburger hält diesen Plan
für verfehlt: Der Bau werde zusätzlichen Verkehr anziehen und in den
Stadtteil lenken. Die Autobahn läge ohne Sicherheitsabstand direkt neben
der Bahnstrecke. Die Autobahn werde die trennende Wirkung der Bahnlinie
noch verstärken. Alternativ schlagen sie vor, die Reichsstraße zu einer
Stadtstraße für PKW umzubauen und den LKW-Verkehr auf die stark befahrene
Autobahn und durch die Industriegebiete zu schicken.
In dem Sonderausschuss, den die Bezirksversammlung einrichten will, sollen
„der Sachstand der Planung vorgestellt, offene Punkte erörtert und zu
strittigen Planungsbestandteilen Alternativen geprüft werden können“, wie
es in einem Antrag heißt. Dafür soll mindestens bis zum Jahresende Zeit
sein.
„Wir fragen uns, was das bringen soll“, sagt Demo-Organisator Jochen Klein.
Die im Verfahren befindlichen Pläne entsprächen zu 100 Prozent denen des
ehemaligen schwarz-grünen Senats. Außerdem stelle sich die Frage, was ein
Bezirksausschuss bei der Planung einer Bundesstraße mitzureden habe. „Wir
würden uns über eine Bürgerbeteiligung freuen, die den Namen verdient“,
sagt der Anwohner.
Der Senat befürworte die Einsetzung eines Beteiligungsgremiums, sagt
Susanne Meinecke, die Sprecherin der Verkehrsbehörde. Dessen Arbeit könne
aber nicht bei Null beginnen. „Die Verlagerung ist fester Bestandteil des
Senatsprogramms und wird von uns nicht infrage gestellt“, sagt sie. Die
Verkehrsprobleme ließen sich am besten durch die Verlagerung lösen.
Sofern die Analyse der SPD aus Oppositionszeiten noch stimmt, wird der
Sonderausschuss auch so gut zu tun haben. Die Verlegung sei zwar eine große
Chance für Wilhelmsburg, hatte der SPD-Abgeordnete Metin Hakverdi in der
Debatte um die Planungskosten gesagt, es gebe aber „gravierende Mängel in
der Planung“.
24 Jun 2012
## AUTOREN
Gernot Knödler
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